Expertin: Deutschland hat Nachholbedarf in der Onkologie-Pflege

Expertin: Deutschland hat Nachholbedarf in der Onkologie-Pflege
30.06.2025
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Osnabrück (epd). Die Pflege von Krebspatienten in Deutschland muss nach Auffassung der Pflegewissenschaftlerin Sara Marquard deutlich besser werden. So fehlten etwa in den Kommunen entsprechende ambulante Pflegeangebote, sagte die Professorin an der Hochschule Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die an Krebs erkrankten Menschen lebten viele Jahre, zum Teil ein Leben lang mit ihrer Erkrankung. „Ab dem Zeitpunkt der Diagnose tauchen aber immer wieder Symptome, Nebenwirkungen und psychosoziale Belastungen auf, die ambulante Onkologie-Pflegende gut durch Informationen, Schulungen und Beratungen begleiten könnten.“

Für den ambulanten Bereich, aber auch in den Kliniken, seien akademisch ausgebildete Onkologie-Pflegekräfte dringend notwendig, sagte Marquard. Es gehe darum, neueste Forschungsergebnisse in die Praxis zu integrieren und hochkomplexe Aufgaben zu übernehmen, die mit einer dreijährigen Grundausbildung und einer zweijährigen Fachweiterbildung zur Onkologie-Pflege nicht bedient werden könnten. Immerhin starteten 2026 erstmalig zwei klinische Professuren für die Onkologie-Pflege, gefördert durch die Deutsche Krebshilfe.

Marquard leitet ein gerade gestartetes Projekt zum Aufbau einer strukturierten onkologischen Pflegeforschung sowie eines Forschungsnetzwerks. Es wird vom Bundesforschungsministerium für drei Jahre mit einer Million Euro gefördert. „Uns fehlen in Deutschland aussagekräftige Zahlen, etwa wie viele Onkologie-Pflegende im Land tätig sind, wie sie ausgebildet sind und welche Aufgaben sie übernehmen“, sagte Marquard, die auch stellvertretende Leiterin des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege ist.

Bundesweit sind der Expertin zufolge gegenwärtig fast fünf Millionen Menschen von einer Krebserkrankung betroffen. Jährlich kämen 500.000 neue Diagnosen hinzu. Die Pflege dieser Patienten umfasse eine sehr weite Spanne von präventiver Beratung gesunder Menschen über die Pflege Erkrankter bis zur Palliativpflege und der ersten Begleitung Hinterbliebener.

Charakteristisch für Krebspatienten sei, dass sie sich von der Diagnose an in einem Ausnahmezustand befänden, erläuterte Marquard. „Sie erleben Ängste. Ihr Leben spaltet sich auf in einen Abschnitt vor und einen nach der Diagnose.“ Das Leben mit einer Krebserkrankung verlaufe in Ungewissheit, in einem Auf und Ab, möglicherweise mit Metastasen und Rezidiven. „Selbst nach einer Heilung bleibt immer im Hinterkopf: Wie lange geht das noch gut?“

Pflegefachpersonen könnten die betroffenen Menschen sowie deren An- und Zugehörige bedürfnisorientiert unterstützen. Idealerweise könnten sie dabei unter anderem auf Ergebnisse onkologischer Pflegeforschung zurückgreifen.