"Wir bekommen von Jugendämtern den Auftrag, vor Ort beispielsweise Wohngruppen für Jugendliche aufzubauen, können oftmals aber kein passendes Gebäude dafür finden", sagt Klaus Friedrich dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Wiesbaden. Friedrich ist Geschäftsführer im Bereich Jugendhilfe der EVIM gGmbH, der sich mit rund 600 Mitarbeitenden um mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche in beiden Ländern kümmert und zum Evangelischen Verein für Innere Mission in Nassau (EVIM) mit Sitz in Wiesbaden gehört.
"Die Jugendhilfe sollte in der Stadtplanung wie Kitas, Schulen oder Spielplätze mitgedacht werden", sagt Friedrich. "Uns wird die Verantwortung bei der Suche nach einer Unterkunft aber häufig allein überlassen." Es komme auch vor, dass zuständige Bauämter die Wohnung für eine geplante Gruppe als Gewerbe einstufen, was besondere Auflagen mit sich bringt. "Wir sind aber kein Gewerbe, wir wohnen", betont Friedrich. Erschwerend hinzu komme, dass das Risiko in Sachen Finanzierung, Personal und Belegung immer auf der Trägerseite liege.
Derzeit stiegen die Bedarfe in allen Bereichen, der stationären und teilstationären sowie der ambulanten Jugendhilfe. "Wir nehmen in den Familien, die wir betreuen, eine in den vergangenen Jahren größer gewordene Belastung wahr", so Friedrich. "Anfragen der Jugendämter kommen zunehmend bezüglich jüngerer Kinder, auch für Vier- und Fünfjährige." Der große Teil der Anfragen komme aus dem Grundschulbereich. Für Kinder dieser Altersgruppe bestehe ein hohes Interesse seitens der Jugendämter, vor allem Inobhutnahme-Plätze aufzubauen.
"Viele der Ämter sind personell schlecht besetzt, sodass eine intensive Auseinandersetzung mit einzelnen Fällen oft nicht stattfinden kann. Es ist eher ein Reagieren als ein Agieren", sagt der Geschäftsführer. Außerdem hätten zunehmend mehr Eltern psychische Probleme, seien einer großen finanziellen Belastung ausgesetzt, hätten Angst um ihre Arbeitsplätze. "Der Druck, der immer wieder Ausgangspunkt von Kindeswohlgefährdungen ist, wird größer."
Friedrich betont, dass das gesellschaftliche Bild eines Jugendamts noch immer negativ besetzt sei. Es heiße oft: "'Das Amt nimmt mir mein Kind weg', aber das hat überhaupt nichts mit der Realität zu tun. Und unsere Wohngruppen sind auch keine klassischen Heime mehr!" Stattdessen seien diese in das jeweilige Stadt- oder Ortsgebiet integriert. Heute gehe es auch beim Jugendamt um den Einzelfall, um das, was das Kind benötigt. "Das geht so weit, dass wir einzelne Angebote speziell für ein Kind stricken."