Straßburg, Brüssel (epd). Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, hat das Vorgehen deutscher Behörden gegen propalästinensische Proteste im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg scharf kritisiert. In einem Brief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) warnt er vor schwerwiegenden Eingriffen in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Besonders besorgt zeigt sich O’Flaherty über Berichte von Polizeigewalt gegen Demonstrierende, darunter auch Minderjährige, die teilweise verletzt worden seien. Der Einsatz von Gewalt müsse rechtsstaatlichen Prinzipien wie Verhältnismäßigkeit, Legalität und Nichtdiskriminierung entsprechen, betont er.
Der Kommissar beklagt auch, dass seit Februar in Berlin die Nutzung der arabischen Sprache und kultureller Symbole bei Demonstrationen eingeschränkt worden seien. Zudem würden Demonstrierende wiederholt willkürlichen Polizeikontrollen und teils übermäßiger Überwachung ausgesetzt - sowohl online als auch vor Ort.
Auch außerhalb des öffentlichen Raums sieht O’Flaherty Einschränkungen der Meinungsfreiheit - etwa an Universitäten, in Schulen sowie im Kulturbereich. Zudem gebe es Berichte über Versuche, ausländische Staatsangehörige wegen ihrer Teilnahme an Protesten oder politischen Äußerungen zum Nahost-Konflikt abzuschieben.
Mit Blick auf den Umgang mit Antisemitismus warnt O’Flaherty davor, die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) falsch anzuwenden. Es gebe Hinweise, dass deutsche Behörden Kritik an der israelischen Regierung pauschal als antisemitisch einstuften. Dies dürfe nicht dazu führen, legitime Meinungsäußerungen zu unterdrücken, schreibt der Kommissar.