Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge
Psychisch kranker Mann wollte Juden zum christlichen Glauben bekehren
Nach einem gescheiterten Brandanschlag auf die Oldenburger Synagoge wird ein 28-Jähriger dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und die jüdische Bevölkerung massiv verunsichert.
16.06.2025
epd
Von Jörg Nielsen (epd)

Oldenburg (epd). Regungslos und mit gefasster Miene nimmt der 28-jährige schlanke Mann sein Urteil vor dem Landgericht Oldenburg am Montag entgegen. Er muss auf Dauer in einer psychiatrischen Klinik bleiben - nicht zur Strafe, betont der Vorsitzende Richter Frederik Frank in seiner Urteilsbegründung - sondern um ihn selbst vor sich und anderen zu schützen. Aus christlichen Wahnvorstellungen heraus hatte der junge Mann im April 2024 einen Brandsatz gegen die Tür der Oldenburger Synagoge geschleudert. „Stimmen“ in seinem Kopf hätten ihn dazu aufgefordert. Gegen das Urteil ist Revision möglich. (Az: 3 KLs 160 Js 48227/24)

Trotz der Schwere der Tat ist der Mann nach Überzeugung des Gerichts strafrechtlich nicht für sein Handeln verantwortlich. „Ihnen fehlt die Steuerungsfähigkeit“, sagt Richter Frank. Seit Jahren leidet der Beschuldigte laut einem Gutachter unter einer paranoiden Schizophrenie. Ein schuldhaftes Handeln könne daher „mit Sicherheit ausgeschlossen“ werden. Zwar werde die Strafvollzugskammer jährlich prüfen, welche Fortschritte der Mann mache, „doch kann eine Sicherungsverwahrung theoretisch auch ein Leben lang andauern“.

Mit einem selbst gebauten Molotow-Cocktail hatte der Mann am 5. April 2024 versucht, das jüdische Gebetshaus in der Leo-Trepp-Straße in Brand zu setzen. Dank der massiven Sicherheitstür und eines aufmerksamen Hausmeisterteams eines benachbarten Kulturzentrums richtete der Brandsatz nur leichten Schaden an. Verletzt wurde niemand. In der Verhandlung sagte der Mann, er habe „die Juden davor warnen müssen, den falschen Gott anzubeten“: Sollten sie sich nicht zu Jesus Christus bekehren, drohe ihnen nach dem Tod großes Leid.

Mit seiner Tat habe der Beschuldigte „große Ängste bei der jüdischen Bevölkerung ausgelöst“, sagt Richter Frank. Der Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei der jüdischen Gemeinde noch sehr präsent gewesen. Auch habe es in dieser Zeit weitere antisemitische Anschläge auf Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland gegeben. Nicht zuletzt habe der Anschlag Erinnerungen an die Reichspogromnacht von 1938 geweckt: Nur wenige Hundert Meter von der heutigen Synagoge entfernt brannten die Nazis in der Nacht vom 9. auf den 10. November die alte Oldenburger Synagoge nieder, erinnert der Richter.

Der Beschuldigte habe seine Tat vorsätzlich geplant und den Molotow-Cocktail bereits zu Hause in der Nähe von Vechta präpariert, schildert der Richter den Tathergang. Mittels Videos von Sicherheitskameras könnten der Weg von Vechta mit dem Zug bis zum Werfen des Brandsatzes und die Heimfahrt rekonstruiert werden. Mit seiner Tat habe er weitreichende Ermittlungen ausgelöst und bundesweites Aufsehen verursacht. „Sie haben erhebliches Unrecht begangen.“

Der Mann wurde erst gefasst, nachdem die TV-Serie „Aktenzeichen XY ... Ungelöst“ über den Fall berichtet hatte. Noch während der Sendung und am Tag danach seien wichtige Hinweise eingegangen, sagt eine Ermittlerin vor Gericht aus. Anschließend sei alles sehr schnell gegangen. Zunächst sei der Beschuldigte noch observiert worden, um mögliche antisemitische Hintermänner zu identifizieren. Doch dies hätten die Ermittler bald ausgeschlossen. Am 24. Januar nahm die Polizei den Mann fest. Nach einer kurzen Zeit in einer Justizvollzugsanstalt wurde er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, in der er seitdem lebt.