Studie: Was die Körpergröße über das Bürgerkriegsrisiko aussagt

Studie: Was die Körpergröße über das Bürgerkriegsrisiko aussagt

Tübingen (epd). Dass wirtschaftliche Ungleichheit das Risiko für einen Bürgerkrieg erhöht, hat eine Studie der Universität Tübingen mit der Auswertung von Daten aus zwei Jahrhunderten belegt. Das Team des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeschichte blickte für die am Montag vorgestellte Erhebung auf die Entwicklungen in 193 Ländern. Berücksichtigt wurden Einkommen, Landbesitz - und Abweichungen von der durchschnittlichen Körpergröße.

„Je weiter wir in die Geschichte zurückblicken, desto lückenhafter werden in Geld gemessene Einkommensdaten“, erklärte Professor Jörg Baten, der Leiter der Studie. Die Verteilung von Land und die Körpergröße seien dagegen bis ins frühe 19. Jahrhundert gut dokumentiert. Die durchschnittliche Körpergröße hänge dabei vom Zugang zu Nahrung und medizinischer Versorgung ab: Durchschnittlich ungleiche Größen ließen auf ungleiche Einkommen schließen.

Das Team griff auf die US-amerikanische Datenbank „Correlates of War Project (COW)“ zurück. Als Krieg oder Bürgerkrieg galt ein Konflikt mit über 1.000 Toten in einem Jahr. Die Berechnungen ergaben einen statistisch auffälligen Zusammenhang zwischen ungleicher Einkommensverteilung und dem Ausbruch von Bürgerkriegen. In den Jahrzehnten vor dem US-Bürgerkrieg 1861 bis 1865 stiegen die Unterschiede der Körpergröße zwischen ungelernten Arbeitern und höheren Einkommensgruppen von 1,6 auf 3,0 Zentimeter. Vor der Oktoberrevolution von 1917 war das Land in Russland extrem ungleich verteilt.

Das neue statistische Maß erlaube auch Aussagen über das aktuelle Risiko für Bürgerkriege, hieß es. Weil in den USA die Einkommen in den vergangenen dreißig Jahren immer ungleicher verteilt sind, habe sich das Risiko eines Bürgerkriegs von 10 auf 21 Prozent drastisch erhöht. Auch in Großbritannien, China, Indien und Russland sei die Ungleichheit stark gestiegen - und damit das Risiko.

Die Höhe des Wirtschaftswachstums hat laut der Studie hingegen keinen messbaren Einfluss auf das Risiko eines Bürgerkriegs. Es komme nur auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung an: Eine progressivere Einkommenssteuer und besserer Zugang zu hochwertiger Bildung reduzierten die Gefahr. Die Studie erschien im Fachjournal „Review of Income and Wealth“.