Bundessozialgericht erleichtert Anspruch auf Hörgeräteversorgung

Bundessozialgericht erleichtert Anspruch auf Hörgeräteversorgung

Kassel (epd). Das Bundessozialgericht (BSG) hat den Anspruch schwerhöriger Menschen auf Kostenerstattung für ein Hörgerät über den von den Krankenkassen gezahlten Festbetrags hinaus erleichtert. Demnach müssen Krankenkassen auch dann die Mehrkosten für ein teureres Hörgerät übernehmen, wenn der Versicherte damit subjektiv ein besseres Hörvermögen empfindet, entschieden die Kasseler Richter in zwei Fällen. (AZ: B 3 KR 13/23 R und B 3 KR 5/24 R)

Die Krankenkassen sind nach den geltenden Bestimmungen verpflichtet, die Schwerhörigkeit von Versicherten „bestmöglich“ mit einem Hörgerät auszugleichen. Das Hörgerät muss im Alltag „erhebliche Gebrauchsvorteile“ bieten. Die Kassen zahlen üblicherweise einen bis zu 750 Euro hohen Festbetrag pro Hörgerät. Die Kosten für teurere Geräte wurden bislang nicht übernommen, wenn der Hörzugewinn unter zehn Prozent liegt.

Die hörgeminderten Kläger hatten nach dem sogenannten Freiburger Einsilbertest mit einem über dem Festbetrag liegenden Hörgerät einen Hörzugewinn von nur jeweils fünf Prozent erreicht. Sie empfanden ihren Hörgewinn jedoch als viel höher und kauften die Geräte. In einem Fall wurden für zwei Hörgeräte 5.660 Euro fällig, wovon die Krankenkasse 1.500 Euro übernehmen wollte.

Diese hielt den Hörzugewinn für viel zu gering, um alles zu bezahlen. Es fehlten ihrer Argumentation zufolge ausreichende objektive Funktionsvorteile der Geräte. Der von den Klägern empfundene bessere Hörzugewinn könne auch auf Komforteinstellungen zurückgehen, die die Krankenkasse nicht bezahlen muss.

Das BSG urteilte, dass ein Hörgerät im Alltag erhebliche Gebrauchsvorteile haben müsse. Jeder bei einem teureren Hörgerät gemessene prozentuale Hörzugewinn im Sprachverstehen - hier fünf Prozent - sei ein relevanter Hörvorteil, der einen Kostenerstattungsanspruch begründen könne. Der empfundene Hörvorteil könne neben den üblichen Testverfahren durch Angaben des Versicherten ergänzt werden - etwa mit einem strukturierten Hörtagebuch oder durch einen standardisierten Fragebogen, der die Hörbehinderung bestimmt.

Schließlich dürfe die Krankenkasse die Kostenübernahme nicht einfach mit dem Verweis auf Komfortfunktionen ablehnen. Führe ein technischer Fortschritt zu einem verbesserten Hörvermögen und einem erheblichen Gebrauchsvorteil, müssten die Krankenkassen dies grundsätzlich gewährleisten.