Avi Primor: "Der Bundeskanzler scheut offenbar klare Worte"

Avi Primor: "Der Bundeskanzler scheut offenbar klare Worte"

München (epd). Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, fordert von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) einen schärferen Kurs gegenüber Israels Regierung. Dass sich Deutschland aus historischen Gründen vorsichtiger äußere, sei zwar nachvollziehbar, sagte Primor dem Magazin „Focus“. Aber Merz könnte genauso deutlich auftreten wie andere Europäer: „Der Bundeskanzler scheut offenbar klare Worte“, so der Diplomat.

„Der Bundeskanzler sollte viel mehr wagen. Friedrich Merz hat zwar Kritik geäußert, das aber in höflicher Form. Er sagte lediglich, er könne unsere Politik nicht verstehen - ein verklausulierter Ausdruck von Unzufriedenheit“, sagte Primor. Doch konkrete Schritte blieben aus.

Die Bundesregierung solle sich „aktiver im Nahen Osten engagieren und ihren Einfluss geltend machen, um Israels Politik mitzugestalten“, sagte Primor. „Es bleibt bei Ermahnungen, mehr passiert nicht“, kritisierte der Diplomat, der von 1993 bis 1999 israelischer Botschafter in Berlin war.

Die Regierung von Benjamin Netanjahu steht international wegen des militärischen Vorgehens im Gaza-Streifen in der Kritik. Israel wird auch vorgeworfen, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen zu behindern. Dies wird als Verstoß gegen das Völkerrecht betrachtet.

Im Zusammenhang mit dem israelischen Siedlungsbau im Westjordanland warf Primor Bundesaußenminister Johann Wadephuhl (CDU) eine „leere Geste“ vor. Wadephul habe die Siedlungen zwar als völkerrechtswidrig kritisiert. „Aber das bleibt folgenlos“, so Primor. Selbst aus den USA höre man solche Stimmen inzwischen häufiger.