Die christlichen Influencerinnen Jana Highholder und Jasmin Friesen halten nicht viel von Feminismus. Auf Instagram und in ihrem gemeinsamen Podcast bezeichnen die Influencerinnen den "kämpferischen Feminismus" als Ursache für Männerhass und verunsicherte Männer, die nicht mehr in der Lage seien "zu leiten". Dabei sollten diese nach den Aussagen der zwei Ende-Zwanzigjährigen genau das tun - und die Frau soll sich ihrem Ehemann unterordnen. "Such dir einen Mann aus, der deiner Unterordnung würdig ist", sagt Highholder im Podcast "Jana & Jasmin - In Zeiten wie diesen …".
Eine Meinung, die im evangelikalen Milieu üblich ist. "Jana und Jasmin sind typische Vertreterinnen evangelikaler Ansichten", sagt der Theologe Martin Fritz von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. "Die Rolle der Frau ist die Kindererziehung, sie bleibt zu Hause, während der Mann arbeiten geht." Einige evangelikale Gemeinden verböten Frauen sogar das Predigen. Immer wieder lassen die beiden jungen Frauen durchklingen, dass sie sich mit der Feminismus-Kritik auch von den Landeskirchen abgrenzen.
Jasmin Friesen, ehemals Neubauer, wirft der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf Instagram vor, die christliche Botschaft dem Zeitgeist anzupassen und so etwa die Ordnung der Geschlechter infrage zu stellen. "Die Bibel ist dabei zweitrangig", schreibt Friesen. Freikirchen hingegen "boomten" nicht ohne Grund, heißt es in dem Posting. Doch auch innerhalb der Freikirchenlandschaft gebe es große Unterschiede, sagt Fritz.
Die Theologin Mira Ungewitter ist Pastorin einer freien baptistischen Gemeinde. Sie predigt und vertritt feministische Positionen. In ihrem Buch "Gott ist Feministin" befasst sie sich vor allem mit Frauenfiguren und weiblichen Gottesbildern in der Bibel. "Die ersten Zeuginnen der Auferstehung waren Frauen, Frauen hatten führende Rollen in den ersten Gemeinden und sie waren Apostelinnen", sagt Ungewitter. Für sie gehören Christentum und Feminismus untrennbar zusammen. "Die Bibel enthält über 3.000 Stellen zum Thema soziale Gerechtigkeit: Das würde ich als Fingerzeig sehen, der auf Geschlechtergerechtigkeit hinweist."
Auch Highholder und Friesen begründen ihre Meinung mit der Bibel und ziehen etwa einen Vers in Paulus Brief an die Epheser heran: "Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, so wie ihr euch dem Herrn unterordnet." Ungewitter setzt dem entgegen, dass die Bibel in einem antiken und darüber hinaus patriarchalen Kontext entstanden sei. "Sie enthält genauso antifeministische, wie auch feministische Passagen beziehungsweise Passagen, die das Patriarchale brechen."
Fritz betont, dass jeder Mensch die Bibel selektiv auslege. "Die Bibel ist ein großes Buch, ihre unterschiedlichen Aussagen sind in der Auslegung ideologisch dehnbar. Man hat mit der Bibel auch schon Polygamie und Sklaverei gerechtfertigt." Im Grunde sei die Rolle der Frau kein genuines Thema der Bibel, es würden einfach verschiedene Rollenvorstellungen vorausgesetzt. Die moderne Kleinfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, die in konservativ-christlichen Kreisen häufig als Ideal hochgehalten werde, finde sich nicht in der Bibel.
Vor allem in neocharismatischen Kirchen werde immer wieder eine klare Vorstellung von Männer- und Frauenrollen gepredigt, sagt Fritz. "Mir ist nicht klar, ob so viele junge Frauen neocharismatische Freikirchen besuchen, weil dort konservative Werte vertreten werden, oder trotzdem." Die Gottesdienstbesucherinnen seien dem Anschein nach total emanzipiert. "Das sind Young Urban Professionals, die sich da versammeln. Da herrscht eine jugendliche Erfolgskultur, wo die Frauenemanzipation ganz selbstverständlich ist."
Auch Highholder und Friesen widersprächen sich in Teilen selbst. Schließlich nähmen sie "alle feministischen Errungenschaften unhinterfragt für sich in Anspruch", sagt Fritz. Highholder führe als promovierte Ärztin ein emanzipiertes Leben und habe keine Rollenkonflikte auszutragen. Auch Friesen sei als Influencerin und Inhaberin einer Modemarke Businessfrau und entspreche nicht dem Ideal der klassischen Hausfrau und Mutter.