Caritas warnt vor EU-Plänen: "Abschiebungen um jeden Preis"

Caritas warnt vor EU-Plänen: "Abschiebungen um jeden Preis"
08.06.2025
epd
epd-Gespräch: Marlene Brey

Brüssel (epd). Caritas Europa hat die geplante Reform der EU-Migrations- und Rückführungspolitik scharf kritisiert. Laut der Organisation legt der neue Entwurf der EU-Kommission für Rückführungen den Fokus vor allem auf schnellere und effektivere Abschiebungen. Er stelle dabei die Sicherheitspolitik über die Einhaltung von Menschenrechten, sagte Leïla Bodeux, Asyl- und Migrationsexpertin bei Caritas Europa, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Der Vorschlag konzentriert sich auf Abschiebungen um jeden Preis und vernachlässigt dabei menschenwürdige Alternativen“, erklärte Bodeux. Besonders alarmierend sei die geplante Ausweitung systematischer Inhaftierungen - auch von Kindern und Familien.

„Haft darf nie Standard sein und Kinder sowie Familien haben in Abschiebehaft grundsätzlich nichts zu suchen“, sagte Bodeux. Es sei eine extreme Maßnahme, Menschen bis zu 24 Monate zu inhaftieren, obwohl sie keine Straftäter sind: „Das ist nicht nur menschenrechtlich problematisch, sondern auch ineffizient und teuer.“

Besonders kritisch sieht das Hilfswerk die Möglichkeit, Rückführungszentren in Drittstaaten einzurichten. Diese könnten laut Kommissionsentwurf auf Basis bilateraler Abkommen betrieben werden. „Das ist hochproblematisch“, betonte Bodeux. „Solche Modelle bergen ein erhebliches Risiko für Menschenrechtsverletzungen. Transparenz und rechtsstaatliche Standards fehlen oft völlig.“

Erfahrungen wie das gescheiterte Ruanda-Modell der britischen Regierung oder der italienisch-albanische Rückführungsdeal zeigten, dass solche Konzepte auch praktisch nicht funktionierten. „Die Kommission sollte diesen Vorschlag vollständig aus dem Gesetzentwurf streichen“, forderte Bodeux.

Zudem kritisiert die Caritas die geplante Ausweitung der Definition von Rückkehrstaaten. Künftig sollen auch Transitländer oder sogar Länder, in denen die betroffenen Personen nie gewesen sind, als Ziel einer Rückführung infrage kommen. „Das wirft gravierende menschenrechtliche Fragen auf“, erklärt Bodeux.

Viele Migrantinnen und Migranten könnten ohnehin nicht abgeschoben werden, etwa wegen fehlender Papiere, familiärer Bindungen in der EU oder weil ihnen im Herkunftsland unmenschliche Behandlung droht. In solchen Fällen stehe häufig das Recht auf Achtung des Familienlebens einer Abschiebung entgegen, betonte Bodeux. Die Betroffenen lebten oft jahrelang in einem rechtlichen Schwebezustand. „Sie arbeiten schwarz, sind schutzlos und werden ausgebeutet“, sagte sie.

Nach einem gescheiterten Anlauf, die Rückführungsrichtlinie aus dem Jahr 2008 zu reformieren, legte die Europäische Kommission im März 2025 einen neuen Vorschlag für ein gemeinsames europäisches Rückführungssystem vor. Ziel ist es, die Zahl der Rückführungen deutlich zu erhöhen. Der Vorschlag befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren und wird noch vom Europäischen Parlament und dem Rat beraten.