Zurückweisungen: SPD will nach Gerichtsbeschluss Konsequenzen prüfen

Zurückweisungen: SPD will nach Gerichtsbeschluss Konsequenzen prüfen
Obwohl ein Gericht sie für rechtswidrig hält, will Innenminister Dobrindt an den Zurückweisungen von Asylsuchenden festhalten. Grüne und Linke werfen Dobrindt Rechtsbruch vor. Die SPD meldet Gesprächsbedarf innerhalb der Regierungskoalition an.

Berlin (epd). Eine Gerichtsentscheidung, wonach Zurückweisungen Asylsuchender rechtswidrig sind, scheint innerhalb der schwarz-roten Regierungskoalition eine neue Debatte über die umstrittene Maßnahme zu entfachen. Die SPD meldete am Dienstag Gesprächsbedarf an. „Möglicherweise schränkt dieses Urteil die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ein“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch in Berlin. Das müsse geprüft werden. Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) forderte Klärung innerhalb der Bundesregierung. Vertreter der Union wollen dagegen in jedem Fall an den Zurückweisungen festhalten.

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte in mehreren Eilverfahren entschieden, dass die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) forcierten Zurückweisungen von Asylsuchenden rechtswidrig sind. Dobrindt hatte unmittelbar nach der Entscheidung erklärt, dennoch an den Zurückweisungen festhalten zu wollen.

Grundsätzlich findet er dabei Unterstützung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin habe „die Spielräume hier möglicherweise noch etwas einengt“, sagte Merz beim Deutschen Kommunalkongress, ergänzte aber auch: „Aber die Spielräume sind nach wie vor da.“ Man könne nach wie vor Zurückweisungen vornehmen, sagte er.

Noch deutlicher unterstützten der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) und CSU-Landesgruppenführer Alexander Hoffmann Dobrindts Kurs. Die Bundesregierung halte an ihrer Rechtsauffassung fest und habe dabei die Unterstützung der Unionsfraktion, sagte Spahn. Hoffmann sagte, es gehe um individuelle Einzelfälle.

Dem widersprach Miersch: „Natürlich ist das eine grundsätzliche Entscheidung“, sagte er. Eine letztinstanzliche Entscheidung sei es aber nicht, fügte er hinzu. Dobrindt hatte zuvor gesagt, dass er ein Interesse an einer Klärung im Hauptsacheverfahren habe. Ob es dazu kommt, ist aber offen. Weil die Klägerseite bereits mit der Eilentscheidung ihr Ziel maßgeblich erreicht hat, könnte das Hauptverfahren auf Antrag der Klägerseite für erledigt erklärt werden. Nach Angaben der Organisation Pro Asyl, die die Klagen unterstützt hatte, wird darüber mit den Anwälten beraten.

Auch die Oppositionsparteien Grüne und Linke sowie die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sehen in der Eilentscheidung einen Grundsatzbeschluss über die Einzelfälle hinaus. „Das ist offener Rechtsbruch“, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf Dobrindts Umgang mit dem Gerichtsbeschluss. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte, Recht sei gebrochen worden „und das kann auf keinen Fall so fortgesetzt werden“. Die Linken-Politikerin Clara Bünger sagte: „Wer die Rechte von Geflüchteten missachtet, gefährdet die Rechte aller.“

Bundesjustizministerin Hubig (SPD) sagte dem Podcast „Table.Today“ (Mittwoch), man werde jetzt in der Bundesregierung über das Thema reden, „aber keine Streitigkeiten offen austragen“. Es sei wichtig, die Gerichtsentscheidung zu befolgen, sagte Hubig. Das Gericht habe verlangt, dass die Kläger das Dublin-Verfahren durchlaufen, aber nicht entschieden, dass alle Asylbewerber ins Land gelassen werden müssten, sagte die Ministerin.