Opposition und Pro Asyl werfen Dobrindt Rechtsbruch vor

Opposition und Pro Asyl werfen Dobrindt Rechtsbruch vor
Obwohl ein Gericht sie für rechtswidrig hält, will Innenminister Dobrindt an den Zurückweisungen von Asylsuchenden festhalten. Pro Asyl wirft dem CSU-Politiker "offenen Rechtsbruch" vor. Ob und wie der juristische Streit weitergeht, ist offen.

Berlin (epd). Oppositionspolitiker und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl werfen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) wegen seines Festhaltens an den von einem Gericht als rechtswidrig beurteilten Zurückweisungen Asylsuchender Rechtsbruch vor. „Das ist offener Rechtsbruch“, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte, Recht sei gebrochen worden „und das kann auf keinen Fall so fortgesetzt werden“. Die Linken-Politikerin Clara Bünger sagte: „Wer die Rechte von Geflüchteten missachtet, gefährdet die Rechte aller.“

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte in einer Eilentscheidung geurteilt, dass die Zurückweisungen von Asylsuchenden, die Dobrindt forciert, rechtswidrig sind. Es stützt damit die Argumentation zahlreicher Juristen und Kritiker, dass Deutschland bei Asylgesuchen auch bei Einreisen aus einem sicheren Drittstaat aufgrund des europäischen Dublin-Abkommens zumindest verpflichtet ist, zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist und nicht einfach zurückweisen darf.

Dobrindt will dennoch an den Zurückweisungen festhalten, wie er noch am Montagabend erklärte. Er habe ein Interesse daran, dass es nach der Eilentscheidung ein Hauptsacheverfahren gibt, sagte er am Dienstag in Berlin und kündigte an, dafür „eine ausführliche Begründung“ liefern zu wollen.

Ob es zu diesem Verfahren aber überhaupt noch kommt, ist offen. Wie eine Gerichtssprecherin dem epd am Dienstag auf Anfrage erläuterte, könnte das Verfahren auf Antrag der Klägerseite für erledigt erklärt werden, weil bereits im Eilverfahren das Hauptziel erreicht worden sei. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, die die Klagen unterstützte, teilte auf Anfrage mit, dass über den Fortgang noch nicht entschieden sei. Die Betroffenen würden das nun mit den Anwälten beraten und dann entscheiden, sagte Geschäftsführer Karl Kopp und betonte: „Herr Dobrindt entscheidet es jedenfalls nicht.“

Kopp sagte, er finde es „zutiefst beunruhigend, dass Dobrindt eine solche Rechtsauffassung vertritt“. Er warf dem Innenminister „Tricks“ vor, um Zeit zu gewinnen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unterstützt dagegen Dobrindts Kurs. Beim Deutschen Kommunalkongress sagte er am Dienstag, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin habe „die Spielräume hier möglicherweise noch etwas einengt“. „Aber die Spielräume sind nach wie vor da“, sagte Merz: „Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können.“

Vorgängerregierungen hatten Zurückweisungen von Asylsuchenden bislang mit Verweis auf das europäische Recht immer abgelehnt. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD stimmten aber auch die Sozialdemokraten der Maßnahme zu.

Nach der Gerichtsentscheidung sagte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) dem Podcast „Table.Today“ (Mittwoch), man werde darüber jetzt in der Bundesregierung reden, „aber keine Streitigkeiten offen austragen“. Es sei wichtig, die Gerichtsentscheidung zu befolgen, sagte Hubig. Das Gericht habe verlangt, dass die Kläger das Dublin-Verfahren durchlaufen, aber nicht entschieden, dass alle Asylbewerber ins Land gelassen werden müssten, sagte die Ministerin.