Berlin (epd). Die vier führenden deutschen Friedensforschungsinstitute warnen vor einer direkten Bedrohung Deutschlands und Europas durch den autoritären Staatsumbau in den Vereinigten Staaten. Der Politologe und Konfliktforscher Christopher Daase warnte am Montag in Berlin bei der Vorstellung des Friedensgutachtens 2025 vor einer „autoritären Ansteckung“. Auch in Europa seien bereits bedenkliche Tendenzen wie die Untergrabung der internationalen Gerichtsbarkeit, die Infragestellung der Wissenschaftsfreiheit und Eingriffe in die Autonomie gesellschaftlicher Akteure wie den Kirchen erkennbar.
„Die transatlantische Partnerschaft, wie wir sie kannten, ist am Ende“, erklärte Daase. Unter der Regierung von Präsident Donald Trump gebe es keine „gemeinsame Wertebasis“ mehr. Die USA seien zu einem „Unsicherheitsfaktor“ geworden. Als Konsequenz sehen die Wissenschaftler die Notwendigkeit einer politischen Vertiefung und operativen Stärkung der europäischen Verteidigung. „Europa muss ohne die USA vielleicht sogar gegen sie verteidigungsfähig werden“, sagte Daase.
Gleichzeitig fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem Rüstungskontrollen, diplomatische Initiativen und eine leistungsfähige Entwicklungspolitik, damit Konflikte nicht eskalieren. So heißt es in dem 156-seitigen Gutachten, dass die neue Rüstungspolitik kein „Freifahrtschein für Rüstungsexporte in alle Welt“ werden dürfe.
Besonders alarmiert zeigen sich die Friedensforscherinnen und -forscher über die Erosion des Völkerrechts. Sie sprechen von einer zunehmenden „Dehumanisierung der Kriegsführung“, bei der unter anderem der Schutz von Zivilisten massiv missachtet werde, Krankenhäuser und Schulen zu direkten Zielen militärischer Schläge würden und humanitäre Hilfe unterbunden oder für politische Zwecke instrumentalisiert werde. Besonders drastisch zeige sich dies im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und im Israel-Gaza-Krieg.
Das Friedensgutachten ist ein gemeinsames Projekt vier deutscher Friedensforschungsinstitute und erscheint seit 1987. Die Wissenschaftler analysieren darin internationale Konflikte und entwickeln Empfehlungen für die Politik.