Dresden (epd). Der Volkswirt Joachim Ragnitz hält die Aufnahme von Beamten in die deutsche Rentenversicherung für wenig sinnvoll. Die Folge sei „eine Verschiebung der Kosten auf einzelne Gruppen, ohne das grundsätzliche Problem zu lösen“, sagte der stellvertretende Leiter der Niederlassung Dresden des Ifo-Instituts dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das führe „nur dazu, dass das Problem fehlender Nachhaltigkeit dann 30 Jahre später eintritt, aber nicht gelöst ist.“ Zuletzt hatte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) mit dem Vorschlag für Aufsehen gesorgt, auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenkasse aufnehmen zu wollen.
Auch das oft in der öffentlichen Debatte über eine Rentenreform gepriesene Modell der Alterssicherung in Österreich hat aus seiner Sicht Schwächen. „Man kann nicht, wie es von interessierter Seite immer geschieht, nur einzelne Elemente des österreichischen Rentensystems herauspicken und die dann als ein Vorbild für Deutschland nehmen“, sagte der Professor der TU Dresden. Er verwies auf zwei zentrale Punkte: die höheren Beitragssätze (22,8 Prozent in Österreich, 18,6 Prozent in Deutschland und die höheren Steuerzuschüsse (2.088 Euro pro Kopf in Österreich, 1.538 Euro in Deutschland).
Auf dieser Finanzierungsbasis habe man natürlich mehr Einnahmen und könne sich ein höheres Rentenniveau leisten, betonte der Forscher. Das Rentenniveau im Nachbarland ist nach seinen Worten 65 Prozent höher als in Deutschland. „Davon erklären die beiden Posten auf der Einnahmenseite allein schon 59 Prozentpunkte“, rechnete der Fachmann vor: „Ich weiß nicht, ob man das in Deutschland so haben will, denn das belastet ja die erwerbsfähige Generation noch stärker als ohnehin schon.“ Und weil Österreich auf absehbare Zeit noch eine günstigere Demografie habe, müsste man hierzulande wahrscheinlich nochmals deutlich mehr an Beitragszahlungen oder Steuerzuschüssen aufbringen, um ein ähnliches Rentenniveau zu erreichen.
Aus seiner Sicht wäre es gerecht, wenn die Ruheständler selbst die Kosten der Alterung wegen der fehlenden Kinder als künftige Rentenzahler tragen würden, sagte Ragnitz. Man müsse diejenigen stärker belasten, die den Generationenvertrag „gekündigt“ hätten, nämlich die baldigen Rentner. Weil diese Gruppe als Ganzes betrachtet zu wenige Kinder bekommen habe, „fehlen die Beitragszahler, um eben diesen Generationen eine auskömmliche Rente zu ermöglichen“, erläuterte der Experte: „Aber da traut sich kaum ein Politiker ran, weil die Rentner beziehungsweise die rentennahen Jahrgänge das höchste Wählerstimmenpotential haben.“