Studie: Einsame junge Menschen sind unzufrieden mit Demokratie

Studie: Einsame junge Menschen sind unzufrieden mit Demokratie
Einsame junge Menschen hadern laut einer Studie oft mit der Demokratie. Sie fühlen sich von der Politik nicht wahrgenommen und sind für Populismus anfällig. Einsamkeit sei daher auch eine Gefahr für die Demokratie, warnt die Bertelsmann Stiftung.

Gütersloh (epd). Junge Menschen in Deutschland, die sich einsam fühlen, sind laut einer Studie skeptisch gegenüber der Demokratie. 63 Prozent der einsamen jungen Menschen zeigen sich unzufrieden mit der Demokratie in Deutschland, wie aus einer am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Bei denjenigen, die nicht einsam sind, sind es 41 Prozent.

Rund 60 Prozent der jungen Menschen hierzulande, die sich stark einsam fühlen, glauben nicht, dass sie politische oder gesellschaftliche Veränderungen bewirken können. Die Stiftung mahnt eine gesellschaftspolitische Gesamtstrategie zur Einbindung junger Menschen an.

Die stark einsamen jungen Menschen äußerten deutlich häufiger die Ansicht, dass Politiker die Sorgen der jungen Generation nicht ernst nehmen (76 Prozent). Nach Meinung von rund der Hälfte der stark einsamen jungen Menschen würden Politiker auf Bundesebene nicht die Werte und Ansichten von ihnen vertreten. Von den nicht einsamen Befragten sind nur 35 Prozent dieser Meinung.

Einsame junge Menschen interessierten sich grundsätzlich nicht weniger für politische Themen als ihre nicht einsamen Mitmenschen, erklärte die Stiftung. Sie fühlten sich aber von der Politik noch mehr übersehen.

Wer sich langfristig ausgegrenzt fühle, könne das Interesse an Politik gänzlich verlieren oder empfänglicher für populistische Positionen werden, warnten die Studienautorinnen. Populistische oder verschwörungsideologische Positionen böten häufig das, was einsamen jungen Menschen fehle: Zugehörigkeit, Sichtbarkeit und einen scheinbar klaren Weg zur Einflussnahme.

Das Gefühl von Anerkennung und sozialer Zugehörigkeit hingegen könne laut der Studie für junge Menschen eine wichtige Motivation sein, sich einzubringen, erklärte die Stiftung. Politische Teilhabe könne auch präventiv gegen soziale Einsamkeit wirken.

Um Einsamkeit junger Menschen zu bekämpfen und ihr Engagement zu fördern, empfiehlt die Bertelsmann Stiftung eine gesellschaftspolitische Gesamtstrategie zur Einbindung junger Menschen. Wichtig sei, dass Freizeit- und Kulturangebote bezahlbar seien. Vor allem auf kommunaler Ebene sollten neue und niedrigschwellige Möglichkeiten zur Beteiligung geschaffen werden.

Einsamkeit beeinträchtige das Vertrauen junger Menschen in Demokratie und Politik, warnte Nicole Kleeb, Expertin der Bertelsmann Stiftung für Jugend und Demokratie. Das Misstrauen wachse umso stärker, je weniger sie das Gefühl hatten, sich einbringen zu können. „Wenn wir junge Menschen nicht verlieren wollen, brauchen wir wirksame, niedrigschwellige Formen politischer Beteiligung - analog wie digital“, sagte Kleeb.

Für die Studie „Jung, einsam - und engagiert?“ befragte das Meinungsforschungsinstitut Verian vom 13. bis zum 29. März rund 2.530 Menschen in Deutschland im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. In der repräsentativen Befragung gaben 10 Prozent an, sie fühlten sich stark einsam, 35 Prozent fühlen sich nach eigenen Angaben moderat einsam.