Hamburg (epd). Nach einem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof am Freitagabend soll die Tatverdächtige in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden. Das sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaften Hamburg am Sonntag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) und erklärte außerdem, die Verdächtige habe „die Tathandlungen eingeräumt“. Nach Polizeiangaben bestehen „sehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Tatverdächtigen“. Die Hamburger Polizei berichtete außerdem von einer Großkontrolle in der Nacht zu Sonntag zur Einhaltung der Waffenverbotszone am Hauptbahnhof.
Nach bisherigen Ermittlungen hatte eine 39-jährige Deutsche am Freitagabend mit einem Messer allein und laut Polizei „offenbar wahllos auf Passanten eingestochen“. 18 Menschen seien verletzt worden, davon vier zunächst lebensgefährlich. 15 erlitten laut Polizeibericht Stichverletzungen, die anderen stürzten oder standen unter Schock. Der Zustand der zunächst lebensbedrohlich Verletzten hatte sich bereits am Samstag laut Polizei stabilisiert.
Die Frau wurde noch am Tatort von zwei Passanten überwältigt und von der Polizei festgenommen, erläuterten die Ermittler. Gegen die 39-Jährige erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg ein Unterbringungsbefehl in einer psychiatrischen Einrichtung, der auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen lautet. Laut der Anklagebehörde stammt die Tatverdächtige gebürtig aus Niedersachsen und war wohnungslos. Es gebe keine Hinweise auf ein politisches Motiv, sagte die Sprecherin.
Vertreter von Kirchen und öffentlichem Leben hatten umgehend mit Bestürzung auf den Messerangriff reagiert. „Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei allen, die verletzt wurden“, schrieb die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, auf Instagram. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Hamburger Bischöfin, Kirsten Fehrs, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Gewalttat „ist ein Schock für unsere Stadt. Ich bete für die verletzten Menschen und ihre Angehörigen.“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) nannte es „schockierend, wenn Reisende hinterhältig und feige attackiert werden“. Der Generalvikar des katholischen Erzbistums Hamburg, Sascha-Philipp Geißler, sagte: „Egal, wer solche Gewalttaten verübt, sie sind abscheulich.“ Der Hamburgische Opferbeauftragte Arne Dornquast und sein Team stehen den Betroffenen des Messerangriffs unterstützend zur Seite, wie die Hamburger Sozialbehörde informierte.
Die Grünen-Bundestagsfraktion forderte in der „Rheinischen Post“ (Sonntag online) mehr Bundespolizei an Bahnhöfen und Flughäfen. Dobrindt sei verantwortlich, „diese Präsenz sicherzustellen“, sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz der Düsseldorfer Tageszeitung. Im selben Blatt verlangte Linken-Fraktionschef Sören Pellmann eine bessere Versorgung für psychisch erkrankte Menschen. Der Fall in Hamburg „zeigt erneut die gefährlichen Lücken in der psychiatrischen Versorgung in Deutschland. Es wird nicht reichen, Messerverbotszonen oder die Überwachung im öffentlichen Raum auszuweiten“, unterstrich Pellmann.
Andreas Rosskopf, Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei/Zoll der Gewerkschaft der Polizei (GdP), forderte dringend flächendeckende Kontrollmöglichkeiten für die Bundespolizei an Bahnhöfen und durch Künstliche Intelligenz gestützte Kameratechnik mit Verhaltenserkennung. Zudem fehlten der Bundespolizei aktuell rund 3.500 Kräfte an Bahnhöfen. „Dieses Personal muss dringend aufgestockt und gemeinsame Streifen mit der Bahn-Sicherheit ermöglicht werden“, forderte Rosskopf.