Erlangen (epd). Prediger bei Freitagsgebeten in deutschen Moscheen sprechen zu ihren Gemeinden einer wissenschaftlichen Untersuchung zufolge vor allem über religiöses Alltagsleben, zwischenmenschliche Beziehungen oder Spiritualität. Entgegen der Annahme würden die durchschnittlichen Moscheegänger keine Hasspredigten erleben, hat ein Forschungsprojekt an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen herausgefunden. Die Wissenschaftler am Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa wollten wissen, ob die Predigt eine Quelle für Radikalisierung sei, teilte die Universität am Mittwoch mit.
Dazu hätten sie online veröffentlichte Predigtmanuskripte von den drei großen muslimischen Verbänden ausgewertet und bei Stichproben sichergestellt, dass die Predigten auch so gehalten wurden, wie sie schriftlich vorlagen, hieß es. Ob die türkische und die deutsche Fassung der jeweiligen Freitagspredigt gleich waren, sei ebenso geprüft worden.
Die Predigten in den Moscheen hätten „völlig akzeptable Inhalte und beinhalten nichts, an was man sich reiben müsste“, stellte der Erlanger Islamwissenschaftler Jörn Thielmann fest, der das Projekt leitete. Er bedauerte, dass Medien und Politik nicht registrierten, „dass in den Predigten regelmäßig zum gesamtgesellschaftlichen Engagement aufgerufen wird“.
Thematisiert werde die Bildung der Kinder, Respekt in der Familie, gute Nachbarschaft, Umweltschutz oder der Einsatz für hilfsbedürftige Menschen, haben die Forscher festgestellt. Weniger häufig würden sich die Prediger mit Themen wie Krieg und Frieden, Terrorismus, Heimat, Integration, Diskriminierung und Islamfeindlichkeit befassen. Dann würden sie Erfahrungen ihrer Zuhörer aufgreifen, aber zugleich „zu einer konstruktiven und friedlichen Bewältigung dieser Erfahrungen“ aufrufen.
Die drei größten Verbände, die Türkisch-Islamische Union DITIB, die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs und der Verband der Islamischen Kulturzentren, seien die Träger von 1.500 von insgesamt etwa 2.300 Moscheen und Gebetsräumen in Deutschland, in die ein Großteil der Muslime in Deutschland gingen, teilte die Friedrich-Alexander-Universität mit. Die Untersuchung der Predigten sei ein Teilprojekt des Projekts „Wechselwirkungen“. Dieses habe von 2000 bis Ende 2024 betrachtet, wie sich gesellschaftliche Diskurse um Islamismus auf muslimische Communitys auswirken.