Berlin, Bonn (epd). Hilfsorganisationen aus Deutschland dringen auf eine rasche Ausweitung der humanitären Hilfe im Gaza-Streifen. Die eingeschränkten Hilfslieferungen bedeuteten angesichts der Krise in dem Gebiet „noch längst keine Rettung für die vom Hungertod bedrohten Menschen“, erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“, Maria Rüther, am Mittwoch in Bonn.
„Nichtregierungsorganisationen brauchen Zugang nach Gaza, um Menschenleben zu retten“, sagte Rüther. Die Zeit dränge. Anfang der Woche waren erstmals nach einer wochenlangen Blockade durch die israelische Regierung wieder in kleinem Umfang Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen gelangt.
Die Johanniter, eine von mehr als 20 in dem „Bündnis Aktion Deutschland Hilft“ zusammengeschlossenen Hilfsorganisationen, riefen ebenfalls zu einer Ausweitung der Hilfe auf. „Fast die gesamte Bevölkerung in Gaza hungert“, sagte Sophia Buller, Johanniter-Länderbüroleiterin Nahost. Es brauche dringend einen dauerhaften Waffenstillstand sowie „uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe“.
Infolge des seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden Krieges zwischen Israel und der Hamas herrscht im Gaza-Streifen eine humanitäre Katastrophe. Nach Angaben des UN-Welternährungsprogramms sind die Bewohnerinnen und Bewohner des Küstenstreifens von einer Hungersnot bedroht.
Der Krieg wurde durch den Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst. Israel reagierte darauf mit massivem Beschuss des Gaza-Streifens und schickte Bodentruppen in das Gebiet. Anfang März hatte Israel nach dem Scheitern einer Waffenruhe abermals Hilfslieferungen blockiert.
Am Montag erhielten nach UN-Angaben erstmals nach der elf Wochen dauernden Blockade wieder neun Lkw die Erlaubnis, in den Gaza-Streifen zu fahren. Laut UN-Sprecher Stéphane Dujarric sind seitdem Lastwagen mit Babynahrung, Mehl, Medikamenten, Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern nach Gaza gelangt. Die Verteilung der Hilfsgüter nannte der UN-Sprecher jedoch kompliziert. Humanitäre Helfer müssten häufig stundenlang auf israelische Freigaben der Güter warten. Die erlaubten Hilfslieferungen seien nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Dujarric am Dienstag (Ortszeit) vor Journalisten in New York.
Die Diakonie Katastrophenhilfe kritisierte das Vorgehen der israelischen Regierung ebenfalls. „Die angekündigten Lieferungen sind nur ein Bruchteil dessen, was die Menschen in Gaza zum Überleben benötigen“, sagte der Leiter des evangelischen Hilfswerks, Martin Keßler. Wenn jetzt für wenige Tage Nahrungsmittel und einige Medikamente zu den Menschen gelangten, sei das kein Zeichen der Einsicht. „Der Kampf zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas, die weiterhin Geiseln in ihrer Gewalt hält, muss endlich die Normen des humanitären Völkerrechts respektieren“, forderte Keßler.
Zuletzt war auch der diplomatische Druck auf die israelische Regierung gewachsen. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die Außenminister von 22 Ländern, darunter Deutschland, Italien, Kanada und das Vereinigte Königreich, eine „vollständige Wiederaufnahme von Hilfslieferungen“.