Berlin (epd). Die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt haben im vergangenen Jahr einen drastischen Anstieg der Zahl der Fälle und Opfer registriert. Die nichtstaatlich organisierten Stellen in zwölf Bundesländern verzeichneten 3.453 Angriffe mit 4.861 Opfern, darunter neun Todesopfer bei Brandanschlägen und Messerangriffen, wie Judith Porath, Vorstandsmitglied vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt am Dienstag in Berlin mitteilte.
Das sei ein alarmierender Anstieg, sagte Porath, die Geschäftsführerin der Opferperspektive Brandenburg ist. Im Durchschnitt bedeute dies, dass täglich neun rechtsextrem motivierte Angriffe erfolgten. Die Opferberatungsstellen sind in 12 von 16 Bundesländern vertreten, wobei in den vergangenen Jahren die Zahl der vertretenen Länder stetig zugenommen hat. Die Bilanzen der Vorjahre sind damit nur bedingt mit der aktuellen vergleichbar. 2023 zählten die damals elf Beratungsstellen 2.589 rechte Angriffe. Bis heute nicht in der Statistik vertreten sind Niedersachsen, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Bremen.
Motiv der Angriffe ist Porath zufolge in den meisten Fällen Rassismus. Einen Anstieg verzeichneten die Berater bei den Angriffen auf politische Gegnerinnen und Gegner sowie aus antisemitischen und queerfeindlichen Motiven. Zugenommen haben Porath zufolge auch Angriffe auf Kinder und Jugendliche. 2024 wurden demnach fast 700 Minderjährige Opfer rechtsextremer Beleidigungen, Bedrohungen und Übergriffe (697).
Die Täter kommen Porath zufolge aus allen Altersgruppen und sind weit überwiegend männlich. Auch auf Opferseite überwiege der Anteil von Männern, Übergriffe auf Frauen nähmen in einigen Bundesländern aber zu, sagte sie.
Porath beklagte, dass die Strafverfolgungsbehörden rassistische Tatmotive oftmals nach wie vor nicht erkennen würden und forderte an dieser Stelle mehr Engagement vom neuen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Wo Fehler in der polizeilichen Arbeit und Bewertung rechtsextremer Gewalttaten gemacht würden, müsse dies „abgestellt werden“, sagte sie. Zudem verlangte sie einen besseren Opferschutz und ein „realistischeres“ offizielles Lagebild. Die Statistik des Bundeskriminalamts weist die Zahl rechtsextremer Gewalttaten regelmäßig als deutlich niedriger aus.