Berlin (epd). Im Gedenkjahr zur vor 140 Jahren abgehaltenen Berliner „Afrika-Konferenz“ hat der Weltkirchenrat zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit gemahnt. Auch für die Kirchen sei die Zeit reif, das Thema Rassismus mit neuer Dringlichkeit erneut aufzugreifen, sagte der frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser, nach ÖRK-Angaben vom Montag am Wochenende zur Eröffnung einer ökumenischen Tagung in Berlin. Es gelte, die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen offenzulegen, die Rassismus aufrechterhalten.
Die Berliner „Afrika-Konferenz“ von 1884/85, auch als „Kongo-Konferenz“ bekannt, markierte den Beginn der formellen Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den europäischen Kolonialmächten. Unter der Leitung von Reichskanzler Otto von Bismarck wurden in Berlin territoriale Ansprüche festgelegt, ohne die betroffenen afrikanischen Bevölkerungen einzubeziehen, was zu weitreichender Ausbeutung und Unterdrückung führte.
Anlässlich des 140. Jahrestags rief der Weltkirchenrat zur kritischen Auseinandersetzung auf. Die Konferenz „Berlin 1884-1885 und der Rassismus gegen Schwarze: Auf der Suche nach einer gemeinsamen antirassistischen ökumenischen Vision“ in Berlin befasst sich noch bis Dienstag mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und den Folgen des Kolonialismus. Die tiefen Wunden, die vor 140 Jahren geschlagen wurden, seien noch lange nicht verheilt, hieß es.
Auch das heutige Verständnis von Entwicklung sei durch das koloniale Erbe geprägt, erklärte Dagmar Pruin, Präsidentin der evangelischen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und Diakonie Katastrophenhilfe. „Wenn wir das anerkennen, geht es nicht um Schuld - es geht um Verantwortung“, sagte sie laut einer ÖRK-Mitteilung vom Sonntag. Kenneth Mtata, ÖRK-Programmdirektor für Leben, Gerechtigkeit und Frieden, erinnerte daran, wie sich vor 140 Jahren politische Führer in Berlin trafen, um Afrika und die Ressourcen des Kontinents aufzuteilen.
Christopher Easthill, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), gab nach Angaben des Weltkirchenrates vielen Kirchen eine Mitschuld an diesen Entscheidungen. Silke Lechner, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EDK), bezeichnete die Konferenz vor 140 Jahren einer Erklärung des ÖRK zufolge als Machtübernahme.
Der ÖRK, auch als Weltkirchenrat bekannt, umfasst 352 christliche Kirchen, die weltweit über 580 Millionen Christinnen und Christen vertreten. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet mit dem Weltkirchenrat aber zusammen.