EU-Abgeordneter warnt vor "Domino-Effekt" bei Grenzkontrollen

EU-Abgeordneter warnt vor "Domino-Effekt" bei Grenzkontrollen
18.05.2025
epd
epd-Gespräch: Marlene Brey

Brüssel (epd). Der Europaabgeordnete Damian Boeselager (Volt) hat die aktuellen deutschen Grenzkontrollen scharf kritisiert und vor einem „Domino-Effekt“ innerhalb der EU gewarnt. In einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) warf Boeselager Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor, mit der Anweisung zur Zurückweisung von Asylbewerberinnen und -bewerbern europäische Grundprinzipien zu untergraben.

„Das Schengener Abkommen verbietet innereuropäische Grenzkontrollen. Wenn nicht einmal Deutschland sich an diese Regeln hält, entsteht ein Domino-Effekt“, sagte Boeselager. Das Vorgehen könne andere Staaten dazu verleiten, sich ebenfalls über EU-Regeln hinwegzusetzen. Besonders problematisch sei, dass sich Merz damit an rechtspopulistischen Narrativen orientiere: „Es gibt Probleme in Deutschland, also machen wir die Grenzen dicht. Das löst kein einziges tatsächliches Problem.“ Das sei Symbolpolitik.

Boeselager warnte vor einer gefährlichen Diskursverschiebung in der Migrationsdebatte. Migration werde zunehmend negativ konnotiert, obwohl sie für Europa eine wirtschaftliche Notwendigkeit sei. „Europa braucht in den nächsten Jahren Hunderttausende Fachkräfte, allein um mit dem demografischen Wandel klarzukommen. Doch unser europäischer Arbeitsmarkt ist unattraktiv: Er ist zersplittert, sowohl sprachlich als auch regulatorisch, und die Debatte ist feindselig, oft rassistisch“, erklärte der Abgeordnete.

Menschen, die nach Europa kommen wollen, würden abgeschreckt oder wie Bittsteller behandelt, obwohl sie dringend gebraucht würden. Die Konsequenzen dieser Politik seien nicht nur ökonomisch nachteilig, sondern widersprächen auch europäischen Werten. Mit der Initiative Open Employers wolle er gemeinsam mit Unternehmen ein Signal setzen: „Wir brauchen Migration und zwar dringend. Die Politik muss das endlich ernst nehmen“, forderte Boeselager.

Als konkrete Reformschritte forderte er unter anderem schnellere und fairere Asylverfahren, eine aktive Integrationspolitik und attraktivere Bedingungen für Arbeitsmigration. Zudem müsse die Sicherheits- und Asylpolitik klar getrennt diskutiert werden. „All das wird aktuell in einen Topf geworfen. Das führt zu populistischen Pseudo-Lösungen.“

Auch die geplante EU-Asylreform sieht der Europaabgeordnete kritisch. Sie verlagere Verantwortung weiter an die Außengrenzen und setze Menschen mit geringer Bleibechance in Grenzlagern fest. „Besonders wir Deutschen sollten doch gelernt haben, dass man Menschen nicht in Lager sperrt“, sagte der EU-Parlamentarier.