Beobachtung: AfD in Thüringen und Sachsen beklagen Verfassungsverstoß

Beobachtung: AfD in Thüringen und Sachsen beklagen Verfassungsverstoß
Die AfD wehrt sich gegen ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Jetzt legt sie ein eigenes Rechtsgutachten vor, das ihre Position vor Gericht stärken soll.

Berlin (epd). Die Landesverbände der AfD in Thüringen und Sachsen sehen in der Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz einen Verstoß gegen den Abgeordnetenschutz in beiden Bundesländern. Die jeweiligen Landesverfassungen schützten die Abgeordneten vor jeglicher staatlicher Verfolgung. Besonders ausgeprägt sei in den Landesverfassungen der Oppositionsschutz, sagte der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Björn Höcke, am Montag in Berlin zur Vorstellung eines entsprechenden Rechtsgutachtens.

Im Gegensatz zum sogenannten Indemnitätsschutz im Grundgesetz, der Bundestagsabgeordnete in Ausübung ihrer Parlamentsarbeit vor Strafverfolgung schützen soll, seien die Regelungen in Thüringen und Sachsen umfassender und schützten die „gesamte Abgeordnetensphäre“ auch außerhalb des Parlaments, erklärte Höcke unter Verweis auf das Gutachten. Deshalb sei die Beobachtung der AfD-Landesverbände durch den Verfassungsschutz verfassungswidrig.

Laut Höcke wurde das 60-seitige Gutachten Anfang des Jahres bei dem Juristen Michael Elicker in Auftrag gegeben. Elicker firmiert auf der Seite der Universität des Saarlandes als außerplanmäßiger Professor für Zivilrecht und Rechtsvergleichung. Er soll Medienberichten zufolge zwischenzeitlich Mitarbeiter der sächsischen AfD-Fraktion gewesen sein. Der Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung (Indemnität) wegen der Abgeordnetentätigkeit sowie die strafrechtliche Immunität von Abgeordneten des Bundestages ist im Grundgesetzartikel 46 geregelt. Die Landesverfassungen haben entsprechende, vom Wortlaut allerdings teilweise abweichende Paragrafen.

In Thüringen wie in Sachsen wird der Landesverband der AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Auf Bundesebene hat der Verfassungsschutz Anfang Mai die Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Am Donnerstag setzte das Bundesamt diese Einstufung vorläufig aus, weil die AfD dagegen geklagt hatte. Das Rechtsgutachten werde jetzt in die Überlegungen zum weiteren Vorgehen gegen den Verfassungsschutz auf Länder- wie auf Bundesebene einfließen, hieß es von der Partei.

Jörg Urban, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, betonte, die Zustimmungswerte für die Partei würden unter der Beobachtung durch den Verfassungsschutz leiden. Sein Erfurter Kollege Höcke ergänzte mit Blick auf den Thüringer Verfassungsschutzchef, „ich leide seit Jahren unter Stephan Kramer“. Dabei warf er Kramer „permanente Eingriffe“ in Wahlkämpfe vor.

Der Thüringer Verfassungsschutz hatte die dortige Landes-AfD bereits 2021 als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft. Gegen diese Entscheidung wurde nicht geklagt. Kramer steht seit 2015 an der Spitze des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz.

Wegen strafrechtlicher Ermittlungen gegen Höcke ist in den vergangenen Jahren in bislang elf Fällen dessen Immunität als Landtagsabgeordneter aufgehoben worden. Der Thüringer AfD-Politiker war zuletzt im Juli vergangenen Jahres vom Landgericht Halle wegen der Verwendung der SA-Parole „Alles für Deutschland“ zu einer Geldstrafe von insgesamt 16.900 Euro verurteilt worden.