Köln, Osnabrück (epd). Der Wissenschaftler Jochen Oltmer warnt in der Migrationsdebatte vor einer Verschärfung der Begriffe und der Argumente. „Es ist ein sprachliches Abrüsten gefragt und dazu kann natürlich die Bundesregierung einen Beitrag leisten“, sagte der Migrationsforscher der Universität Osnabrück am Freitag im WDR-Radio. Zurzeit werde Migration mit den Worten des früheren Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) immer als „Mutter aller Probleme“ dargestellt. Es sei „sehr schwer“ aus dieser Spirale der Verschärfung von Maßnahmen und der Sprache wieder herauszukommen.
Ein Viertel der Menschen in Deutschland habe einen Migrationsbezug, erklärte der Historiker. Fachkräftezuwanderung sei zudem erwünscht. „Wir grenzen aber permanent in diesem Zusammenhang einen großen Teil der Bevölkerung aus“, kritisierte er. „Und das halte ich für ein sehr massives Problem.“
Die vom neuen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) angekündigten verschärften Grenzkontrollen bezeichnete der Forscher als „sehr publikumswirksame Maßnahme“, die aber nur begrenzte Effekte habe. Denn schließlich gebe es Tausende von Kilometern an grüner Grenze in Deutschland. Oltmer nannte es einen Fehler, dass der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor seiner Wahl bereits verkündet hatte, am ersten Tag solche Maßnahmen auf den Weg zu bringen. „Damit werden Erwartungen geweckt, die sich nicht durchhalten lassen“, sagte der Historiker.
Seit September 2024 gibt es an allen Landgrenzen Deutschlands Grenzkontrollen. Dobrindt hatte als erste Amtshandlung die Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen angeordnet. Die Bundespolizei soll aber nicht ausnahmslos zurückweisen: Kindern, Schwangeren und anderen vulnerablen Gruppen soll demnach die Einreise gewährt werden.