Scholz: Abschied ohne sichtbare Wehmut

Scholz: Abschied ohne sichtbare Wehmut
Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft wolle er mehr Sport treiben, Bücher lesen und wandern gehen: Auf dem evangelischen Kirchentag in Hannover hat Olaf Scholz (SPD) wohl seinen letzten großen Auftritt - und zeigt sich ungewohnt in Plauderlaune.
02.05.2025
epd
Von Stephan Cezanne (epd)

Hannover (epd). Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich gegen Kritik an seiner Amtsführung gewehrt. „Ich denke schon, dass ich überwiegend das Richtige getan habe und dass das auch rauskommen wird“, sagte er am Freitag auf einem Hauptpodium des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover. In seiner in der kommenden Woche endeten Amtszeit habe er viele Weichen für eine gute Zukunft in Deutschland gestellt.

Auf der Messe der niedersächsischen Landeshauptstadt wurde der 66-jährige SPD-Politiker von Hunderten Kirchentagsbesuchern mit stehendem Applaus empfangen und verabschiedet. Im Gespräch mit der NDR-Journalistin Christina von Saß gab er sich entspannt und wie gewohnt hanseatisch zurückhaltend bei persönlichen Fragen. Dennoch gab er einige Einblicke in sein Seelenleben. Bisher gehe es ihm „ziemlich gut“ mit Blick auf das Ende seiner Kanzlerschaft, räumte er ein.

Scholz äußerte sich zu vielen politischen Themen: Trotz der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch sprach er sich gegen einen Schnellschuss bei einem Parteiverbotsverfahren aus: „Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen darf.“ Respekt und Solidarität in einer Gesellschaft sei ein Mittel gegen rechten Populismus.

„Wir müssen untereinander Respekt entwickeln für unterschiedliche berufliche Lebenswege und Lebensentscheidungen über die Frage, wie man sein Glück finden will“, sagte Scholz. Er warnte zugleich vor einer verbreiteten Schwarzmalerei. „Wir können ohne Zuversicht gar nicht leben“ sagte er unter großem Applaus. Obwohl er selbst keiner Kirche angehöre, schätze er den Beitrag der Kirchen für den Zusammenhalt der Gesellschaft sehr.

Er wünsche sich für die anstehenden Zukunftsfragen eine breitere politische Debatte: „Wir müssen eine komplexe Debatte zulassen.“ Es gebe Politiker in Deutschland, die „jede Woche etwas anderes sagen“, sagte Scholz. Zu denen habe er nie gehören wollen.

Zur Einführung der Wehrpflicht äußerte sich Scholz zurückhaltend. Klar sei, dass Deutschland für seine Verteidigung im Ernstfall mehr Soldaten brauche. Für die Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht fehle es an Kapazitäten. Stattdessen favorisiere er das Modell, in dem junge Menschen angeschrieben werden und sich freiwillig melden können. Scholz selbst hatte als junger Mann Ersatzdienst geleistet.

Scholz sieht seine seine politische Zukunft weiterhin im Bundestag, will aber „nicht jeden Tag die Politik kommentieren“. Seine gewonnene freie Zeit möchte er nutzen, um mehr Sport zu treiben, Bücher zu lesen und mit seiner Ehefrau wandern zu gehen.

Der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag findet bis Sonntag in Hannover statt. Das fünftägige Treffen steht unter der Losung „mutig - stark - beherzt“. Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel (CDU) war am Donnerstag zu Gast auf dem Protestantentreffen.