Ulm (epd). Etwa ein Drittel der heute 18- bis 29-Jährigen war in der Kindheit im Internet von sexuellen Grenzüberschreitungen und sexualisierter Gewalt betroffen. Das seien mehr als dreimal so viele wie im Bevölkerungsdurchschnitt, teilte das Universitätsklinikum Ulm unter Berufung auf eine eigene Studie am Freitag mit. Die Untersuchung wurde im Fachjournal zum Kinderschutz „Child Abuse & Neglect“ veröffentlicht.
Das Spektrum an Verhaltensweisen und strafbaren Handlungen sei sehr breit: Von erzwungenem sexualisiertem Material über ungewollte Konfrontation mit Pornografie bis zu sexualisierter Kontaktaufnahme über das Internet. Aufgrund der Dynamik der technischen Entwicklung seien jüngere Altersgruppen den Gefährdungen im Netz sehr viel stärker ausgesetzt, sagte Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm.
In Kooperation mit dem Markt- und Sozialforschungsinstitut Usuma wurden von Oktober 2023 bis April 2024 insgesamt 3.098 Personen befragt. Bei den jungen Erwachsenen von 18 bis 29 Jahren berichteten demnach 31,6 Prozent von mindestens einem Online-Erlebnis sexualisierten Kindesmissbrauchs oder grenzverletzenden Verhaltens während ihrer Kindheit oder Jugend. Der Bevölkerungsdurchschnitt liege bei 10,3 Prozent.
Der Unterschied zwischen männlichen (29 Prozent) und weiblichen (34 Prozent) Betroffenen ist laut Studie online deutlich geringer als bei sexuellem Kindesmissbrauch im Offline-Kontext. Zu den von den jungen Erwachsenen am häufigsten geschilderten Formen gehörten die ungewollte Konfrontation mit pornografischem oder sexualisiertem Material (21,1 Prozent), gefolgt von ungewollten sexualisierten Gesprächen (15 Prozent) sowie ungewollten sexualisierten Fragen (12,1 Prozent). Je jünger die Befragten waren, desto häufiger berichteten sie von derartigen Erfahrungen.