Neue Demokratie-Stiftung beginnt Projektförderung

Neue Demokratie-Stiftung beginnt Projektförderung
17.04.2024
epd
epd-Gespräch: Jens Bayer-Gimm

Frankfurt a.M. (epd). Die vom Bundestag beschlossene Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ beginnt mit der Förderung von Projekten zur Stärkung der Demokratie. Der Stiftungsrat werde am Donnerstag erstmals über deutschlandweit rund 160 Förderanträge entscheiden, sagte der Direktor Kai-Michael Sprenger in Frankfurt am Main dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der erste Förderaufruf habe eine große Resonanz hervorgerufen für Ausstellungen, Theater- und Musik-Aufführungen sowie Tagungen oder Führungen. Von dem Stiftungsetat in Höhe von fünf Millionen Euro in diesem Jahr stünden vier Millionen Euro für die Projektförderung und Kooperationen zur Verfügung.

Die 2021 vom Bundestag beschlossene und im Aufbau befindliche Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main soll laut Gesetz „die Bedeutung und den Wert einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ breitenwirksam vermitteln. Das Bewusstsein dafür, „wie gut unsere Demokratie in Deutschland und wie großartig unsere Verfassung ist“, sei etwas abhandengekommen, sagte der Mainzer Historiker Sprenger. Wer in der ehemaligen DDR auf einem Marktplatz gegen die Regierung protestiert habe, sei verhaftet worden. Gleiches geschehe gegenwärtig in Russland. „Im vereinten Deutschland kann ich auf jedem Platz rufen: 'Die Regierung gehört abgeschafft!' und erhalte dafür noch Polizeischutz.“

Die Errungenschaften der Versammlungs- und Meinungsfreiheit seien erst von den frühen Demokraten erstritten worden, erinnerte Sprenger. Dies gelte auch für die Freiheit, einen Verein gründen zu dürfen. „Ich würde mir wünschen, dass bei jeder Versammlung eines Sport- oder Hasenzüchtervereins an diese Geschichte angeknüpft würde“, sagte er.

„Demokratie braucht Vorbilder“, betonte der Stiftungsdirektor. Neben das „nie wieder“ gegen die Erfahrungen des Nationalsozialismus und Kommunismus müsse das „immer wieder“ der freiheitlichen und demokratischen Tradition treten. Diese müsse an Orten und Personen festgemacht werden. Sprenger führte als Beispiel den SPD-Reichstagsabgeordneten Otto Wels an, der im März 1933 in der letzten freien Rede vor dem Reichstag mutig gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz protestierte trotz des Wissens, das Gesetz nicht verhindern zu können. „Es lohnt sich, sich für die Demokratie einzusetzen“, unterstrich der Direktor.

Die Stiftung werde in diesem Jahr eigene Veranstaltungen zu 75 Jahre Grundgesetz und 35 Jahre friedliche Revolution in der ehemaligen DDR gestalten, kündigte Sprenger an. Für die Zukunft werde die Stiftung neben Ausstellungen und Tagungen vielfältige Vermittlungsformate entwerfen, etwa mittels Graphic Novels, Podcasts oder historischen Ein-Mensch-Theaterstücken.

„Ich würde mir wünschen, dass jede Schülerin und jeder Schüler einmal nach Auschwitz fährt, einmal zu einem Ort der Aufarbeitung der DDR-Geschichte und einmal zu einem Ort der Demokratiegeschichte“, sagte Sprenger. Mit dem Wort Auschwitz könnten nach Umfragen 40 Prozent der Jugendlichen nichts anfangen. „Wenn Orte der Demokratiegeschichte und das Bewusstsein, dass wir in einer privilegierten Staatsform leben, bessere Werte erzielen, hätte die Arbeit der Stiftung Erfolg.“