Ethikrat: Lasten des Klimawandels müssen gerecht verteilt werden

Ethikrat: Lasten des Klimawandels müssen gerecht verteilt werden
Zwischen Armen und Reichen oder Jungen und Alten: Die Lasten der Klimakrise sind ungerecht verteilt. Der Deutsche Ethikrat gibt Empfehlungen, um das zu ändern und mehr Klimagerechtigkeit herzustellen.

Berlin (epd). Der Deutsche Ethikrat fordert eine gerechte Verteilung der Lasten des Klimawandels. Die Klimakrise gut zu bewältigen, sei „eine Mammutaufgabe“, sagte Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates bei Vorstellung der Stellungnahme „Klimagerechtigkeit“ am Mittwoch in Berlin. Neben Forderungen, die politisch seit Jahren im Gespräch sind, geht der Ethikrat in seinem Empfehlungspapier auch ins Detail.

Es seien alle Menschen gefragt, „um neue Perspektiven für ein gutes Leben in einer nachhaltigen, klimaneutralen Gesellschaft zu entwerfen“, sagte Buyx. Dabei sollen laut Ethikrat vorrangig die Menschen berücksichtigt werden, die am stärksten vom Klimawandel belastet sind. Ungleichheit und Klimawandel verschärften sich gegenseitig.

So empfiehlt das Experten-Gremium eine Ausweitung der CO2-Bepreisung auf Produkte und Dienstleistungen. Der CO2-Preis verteuert bisher den Verbrauch fossiler Energie. Haushalte mit geringen Einkommen sollten dem Ethikrat zufolge höhere Ausgleichszahlungen erhalten. Die Bundesregierung plant ein Klimageld, dessen Details noch offen sind. Besonders klimaschädlicher Luxus-Konsum könne hingegen überproportional bepreist werden. Auch Verbote schließt der Ethikrat nicht aus, sofern sie demokratisch legitimiert und wirksamer sind als freiwillige Mitwirkung.

Die Hauptverantwortung sieht der Ethikrat beim Staat. Es sei unangemessen, wenn der Staat vom Einzelnen klimagerechtes Verhalten erwarte, aber die Voraussetzungen dafür nicht geschaffen würden. Dennoch entbinde diese Erwartung an die Politik, effektive Rahmenbedingungen zu schaffen, Einzelne nicht von einer „moralischen Mitwirkungspflicht“, sagte Buyx.

Es müsse schnell gehandelt werden. Abwarten sei wegen der schwerwiegenden Auswirkungen der Erderhitzung auf die Lebenschancen künftiger Generationen nicht zu rechtfertigen, erklärt der Ethikrat. Zugleich fordert das Gremium die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichts-Urteils zugunsten künftiger Generationen.

Am Beispiel des Gesundheitswesens erläuterte Buyx, was aus Sicht des Ethikrates in jedem Bereich geschehen muss. Zum einen müssten Kliniken selbst klimafreundlich arbeiten und ihren hohen Energie- und Materialverbrauch reduzieren. Zum anderen müsse das Gesundheitswesen Ressourcen für Menschen bereithalten, die besonders unter Klimaveränderungen wie Hitzewellen leiden.

Grundsätzlich sollen die Lasten des Klimawandels laut Ethikrat so verteilt werden, dass alle Menschen die Möglichkeit haben, ein „gutes, gelingendes Leben“ zu führen. Eine abschließende Definition darüber, was ein solches Leben beinhaltet, will der Ethikrat nicht geben. Das müsse demokratisch ausgehandelt werden. Trinkwasser sei etwa eine Grundvoraussetzung für ein „gutes, gelingendes Leben“, sagte Kerstin Schlögl-Flierl, Sprecherin der Arbeitsgruppe zur Klimaethik. „Aber bei vielen Freizeitaktivitäten im Wasser müssen wir uns überlegen, ob wir uns das leisten wollen, um auch den künftigen Generationen Wasser zur Verfügung stellen zu können.“

International setzt der Ethikrat auf Vereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen. Die Staatengemeinschaft hatte sich 2015 in Paris darauf geeinigt, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken. Dem jüngsten Bericht des Weltklimarats zufolge wird sich die Erde ohne radikale Maßnahmen bereits in den 2030er Jahren um mehr als 1,5 Grad erhitzen.