Expertin sieht kaum Anlass für Optimismus in Libyen

Expertin sieht kaum Anlass für Optimismus in Libyen
13.03.2024
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser (epd)

Hamburg (epd). Nach der Einigung auf eine gemeinsame Regierung in Libyen beurteilt die Politikwissenschaftlerin Hager Ali deren Erfolgschancen zurückhaltend. „Der Wille, eine nachhaltige Situation in Libyen zu etablieren, ist zwar da“, sagte die Expertin des Hamburger Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (German Institute for Global and Area Studies - Giga) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bislang gebe es aber noch keine gemeinsame Regierung, sondern lediglich Vorabstimmungen zu einer eigentlichen Einigung. Ähnliche Versuche seien allerdings schon an politischen Problemen gescheitert, beispielsweise an Fragen der Wahlgesetzgebung.

Am Sonntag hatten sich in Kairo die libyschen Konfliktparteien auf eine gemeinsame Regierung geeinigt. Das Land ist gespalten zwischen der offiziell anerkannten Regierung in der Hauptstadt Tripolis und der Herrschaft des Rebellengenerals Chalifa Haftar im Osten des Lands. Darüber hinaus sind in dem Bürgerkriegsland Milizen aktiv, denen Morde, Folter und Verfolgung aus politischen Gründen sowie Entführungen für Lösegeld vorgeworfen werden.

Häufig sind davon Flüchtlinge betroffen. Libyen ist ein wichtiges Transitland für Migranten. Ob die Einigung Einfluss auf die Migration haben wird, ist nach Alis Einschätzung noch unklar.

Nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Muammar al-Gaddafi 2011 begann in Libyen ein Bürgerkrieg, der das erdölreiche Land vor zehn Jahren in Ost und West spaltete. Die konkurrierenden Regierungen hatten sich 2020 bereits auf einen Waffenstillstand und eine Übergangsregierung geeinigt, die Wahlen organisierte. Die Abstimmung wurde aber einen Tag vor dem Wahltermin Ende 2021 abgesagt.

Nun stehen die Konfliktparteien Alis Worten zufolge vor der Aufgabe, „einen Prozess aufzubauen, der in ein Parlament mündet“. Um die Integrität des demokratischen Prozesses zu wahren, müssten sie die zahlreichen Milizen in möglichst unter einheitlichem Kommando stehende Streitkräfte integrieren. Ein weiteres Problem, vor dem eine neue Regierung stehe, sei die Präsenz der russischen Söldnergruppe Wagner in dem ölreichen Land, die dort nicht nur für ihre Auftraggeber kämpfe, sondern auch eigene wirtschaftlichen Interessen verfolge.