Buchtipps zum Thema "Soziale Medien"

Mediengeräte auf einem Tisch
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Eliport stellt Buchtipps zu Leben mit den "Sozialen Medien" vor.
Blick in die Literatur
Buchtipps zum Thema "Soziale Medien"
Politiker verbreiten ihre Ansichten über sie, ganze Berufszweige haben sich durch sie gegründet und sie sind aus unserer heutigen Welt nicht mehr wegzudenken: soziale Medien. Das Evangelische Literaturprotal stellt heute drei Bücher vor, die sich ihnen aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähern.

Zeiten der Langeweile

Eine junge Frau zieht sich aus fast allen digitalen Medien zurück.

Berlin 2021/2022: Mila Meyring (34) befindet sich in einer Wendepunktphase ihres Lebens. Sie ist nach einer langen Beziehung wieder Single, hat ihre Dissertation abgeschlossen, steht aber vor der Arbeitslosigkeit und leidet unter den Corona-Kontaktbeschränkungen. Sie reflektiert ihr Leben im Digitalen und kommt zu der radikalen Entscheidung, sich aus der virtuellen Welt, in der sie so verwurzelt ist, zurückzuziehen. Nach und nach löscht sie alle digitalen Zugänge und Streaming-Abos, bis fast nur noch die E-Mail-Nutzung bleibt. Geradezu manisch versucht sie, keine Spuren mehr im Internet zu hinterlassen. In der Folge gehen ihre Sozialkontakte auf ein Minimum zurück, was sie verunsichert. Gleichzeitig bemüht sie sich, die Leere durch analoges Handeln, z. B. ein Buch im Laden kaufen und lesen, Sport treiben oder eine Reise nach Norwegen zu füllen. Die Autorin lässt in ihrem alles andere als langweiligen, dynamisch geschriebenen Debutroman wohl auch autobiographische Elemente einfließen.
Gerade auch für jene Leserschaft, die selbst eher wenig online lebt, ein spannender Einblick.
Tobias Behnen 

Becker, Jenifer: Zeiten der Langeweile. München: Hanser Berlin 2023. 237 S. ISBN 978-3-446-27804-2, geb.: 23 €

Belohnungssystem

Beobachtungen und Geschichten vom Leben in einer von Social Media bestimmten Welt.

"Zu Beginn eines Dezembers, siebenundfünfzig Ernten vor dem von der Welternährungsorganisation prognostizierten Anbruch der Ära völliger, weltweiter Bodenunfruchtbarkeit, bekam Julia die Stelle im Cascine." Mit diesen Worten beginnt Jem Calder sein Buch mit dem bezeichnenden Titel: Belohnunssystem. Erzählt werden die Geschichten junger Menschen, Julia und ihrer Freunde, geprägt von Dauerinformation, Klimaangst und Selbstoptimierung. Bindungsscheu und weltfremd begeben sich die Protagonisten auf die Suche nach dem perfekten Menschen, dem perfekten Moment. - Sorgfältig beobachtet Jem Calder unseren Umgang mit Social Media, beschreibt Entfremdung, Einsamkeit in der Coronazeit und die Sehnsucht dazuzugehören. Als roter Faden zieht sich lose die Geschichte von Julia durch das Buch, die sich nach Corona langsam wieder ins reale Leben tastet, eine Stelle in einem Restaurant annimmt, eine Affäre mit ihrem Chef eingeht und später einen Neuanfang in Toronto wagt. Zeitgenössische Literatur, die die Seelennöte junger Menschen in einer digitalisierten Welt nach Corona abbildet.  
Bärbel McWilliams 

Calder, Jem: Belohnungssystem. Dt. von Jan Schönherr. Berlin: Claassen 2023. 267 S. ISBN 978-3-546-10031-1, geb.: 24 €

Die Perfektionen

Ein junges Paar aus der digitalen Kreativszene will in Berlin seine Vision von Freiheit und Authentizität leben.

Berlin, Stadt der Freiheit und des Überflusses, eine Stadt, vibrierend in pulsierender Aufbruchstimmung, ist der Sehnsuchtsort der jungen, kreativen digitalen Freelancer Anna und Tom. Nach dem Studium verlassen sie ihre provinzielle italienische Heimatstadt auf der Suche nach dem perfektem Leben, makellos wie die Bilder in den sozialen Medien, in denen Tom und Anna sich teils aus beruflichem, teils privatem Interesse verlieren. Wirklich ankommen in Berlin werden Tom und Anna jedoch nicht; die besondere Geschichte Berlins und die Lebenswirklichkeit der Berliner bleiben den beiden, die sich in einer Blase junger Expats aus ganz Europa in Berlins angesagtesten Hotspots bewegen, fremd. Tom und Anna verkörpern die Verlorenheit der Digital- Native-Generation, in deren innerer Landschaft sich durch ihr Aufgehen in der imaginären Wirklichkeit des Internets zunehmende Leere ausbreitet angesichts der Diskrepanz zwischen den Perfektionen der Bilderwelt und der Unvollkommenheit ihrer Realität. Ohne Dialoge, lakonisch- distanziert komprimiert der Wahlberliner Latronico in seinem schmalen, sehr authentischen Berlin-Roman die Befindlichkeit der Generation Z: Lesenswert!
Christine Heymer 

Latronico, Vincenzo: Die Perfektionen. Dt. von Verena von Koskull. Berlin: Claassen 2023. 124 S. ISBN 978-3-546-10069-4, geb.: 22 €

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