Antisemitismusforscher kritisiert Berliner Klausel

Antisemitismusforscher kritisiert Berliner Klausel
16.01.2024
epd
epd-Gespräch: Lukas Philippi

Berlin (epd). Der Berliner Antisemitismusforscher Uffa Jensen hat die vom Berliner Senat geforderte Antisemitismusklausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen kritisiert. Praktisch führe dies dazu, dass Einrichtungen Personen, die einmal etwas Problematisches gemacht haben, einfach nicht mehr einladen werden, sagte der amtierende Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Es ist für die Organisatoren einfach zu anstrengend.“ Die offiziell „Antidiskriminierungsklausel“ genannte Bestimmung in den Förderanträgen fördere Selbstzensur und schränke den gesellschaftlichen Diskurs ein.

Jensen kritisiert insbesondere die der Klausel zugrunde liegende Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rembrance Alliance (IHRA). Diese Definition sei nicht besonders gut durchdacht. „Aus der Perspektive eines Antisemitismusforschers ist die Vagheit und Schwammigkeit der IHRA-Definition nicht hilfreich“, sagte der Historiker. Der Umgang damit habe in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie eingesetzt werde, um bestimmte israelkritische oder gar israelfeindliche Äußerungen als antisemitisch zu klassifizieren. Sanktionen, die auf dieser Grundlage gegen Kultureinrichtungen verhängt würden, landeten vor Gericht. Die Klausel schaffe Rechtsunsicherheit und schränke die Meinungsfreiheit ein.

„Wenn eine Einrichtung bei ihrem Fördermittelantrag lediglich angeben müsste, dass sie gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist, würde ich nicht dagegen protestieren“, sagte Jensen. Mit Verweis auf den Protestbrief von mehr als 5.000 „Kulturproduzenten“ gegen die Berliner Antidiskriminierungsklausel sagte der Antisemitismusforscher: „Ich verstehe, dass sich viele Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, unter einen Verdacht gestellt sehen und Schwierigkeiten mit dieser Klausel haben.“ Der Senatskulturverwaltung warf er „unabgestimmtes Vorgehen“ vor: „Ein Dialog hätte da vorgeschaltet werden können.“