Kurschus-Rücktritt wird Thema der EKD-Synode

Kurschus-Rücktritt wird Thema der EKD-Synode
Der Rücktritt von Annette Kurschus als EKD-Ratsvorsitzende sorgt für Diskussionen in Kirchenkreisen. Als Person wird sie verteidigt, ihre Entscheidung zum Rückzug zugleich von vielen für richtig erachtet. Es wird auch ein Thema für die EKD-Synode.

Berlin (epd). Der Rücktritt von Annette Kurschus von ihren kirchlichen Spitzenämtern wird ein Thema auf der Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am nächsten Dienstag. Wie die EKD am Freitag auf Nachfrage mitteilte, werden sowohl Synoden-Präses Anna-Nicole Heinrich als auch die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs dazu sprechen.

Die Synode hatte Mitte November ihre Tagung in Ulm wegen eines Bahnstreiks abgebrochen. Der digitale Fortsetzungstermin wurde vor allem angesetzt, um noch ausstehende Beschlüsse unter anderem zum Haushalt und zu Kirchengesetzen zu fällen. Aus den Reihen der Synodalen gibt es wegen des zwischenzeitlich erfolgten Rücktritts von Kurschus vom Amt der EKD-Ratsvorsitzenden und der Präses in der westfälischen Landeskirche die Forderung nach einer Aussprache.

Die Hamburger Theologieprofessorin und Synodale Kristin Merle sagte dem epd, die Synode könne „auf keinen Fall sofort zu business as usual übergehen“. „Grundsätzlich erwarte ich, dass die Synodalen Raum zur Aussprache erhalten“, fügte sie hinzu. Die Professorin für Praktische Theologie sagte zudem, sie fände es angemessen, eine die Arbeit von Kurschus wertschätzende gemeinsame Erklärung der Synode zu verfassen.

Merle forderte, es müssten innerhalb der kirchenleitenden Organe „vertrauensbildende Maßnahmen“ stattfinden und stellte „Formen der Mediation“ in den Raum. Sie verwies auf Hinweise auf Kontroversen im Rat der EKD und der Kirchenkonferenz, dem Zusammenschluss der Landeskirchen, im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Kurschus.

Hintergrund für den Rücktritt am 20. November waren Vorwürfe gegen die 60-jährige Theologin, sie sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt umgegangen. Im Mittelpunkt steht dabei ein ehemaliger Kirchenmitarbeiter aus Kurschus' früherem Arbeitsumfeld in Siegen. Der Beschuldigte soll junge Männer sexuell bedrängt haben. Die „Siegener Zeitung“ hatte unmittelbar vor und während der EKD-Synodentagung Mitte November in Ulm über den Fall berichtet.

Kurschus nahm vor den Synodalen Stellung zu dem Fall. Dabei räumte sie ein, den Beschuldigten „sehr gut“ gekannt zu haben, wies die Vorwürfe ansonsten aber zurück. Merle sagte rückblickend auf die Zeit nach der Erklärung: „Als synodale Person war man in einer Art unfreiwilligen Zuschauerrolle, weitgehend ohne Einfluss auf die Geschehnisse, die aber einen dramatischen Gesamtverlauf hatten.“

Synoden-Präses Heinrich hatte nach dem Rücktritt Respekt für die Entscheidung von Kurschus geäußert. Die Synode habe sich „klar zur Unterstützung betroffener Personen, zu einer systematischen Aufarbeitung und zu umfassender Prävention sexualisierter Gewalt bekannt“, sagte sie dem epd. „Dabei kann uns dieses Thema - wie in der vergangenen Woche geschehen - immer wieder an unsere persönlichen und institutionellen Grenzen führen“, sagte Heinrich. Sie betonte, Betroffene und Aufarbeitung müssten bei dem Thema an die erste Stelle gesetzt werden. „Ich bin fest davon überzeugt, dass nur dieser Weg am Ende auch der Weg ist, der für die Kirche als Institution tragfähig ist.“

EKD-Ratsmitglied Stefan Werner sagte am Freitag bei der Synode seiner württembergischen Landeskirche in Stuttgart, für Kurschus habe die Glaubwürdigkeit des Aufarbeitungsprozesses um sexualisierte Gewalt innerhalb der Kirche im Mittelpunkt gestanden. „Deshalb hat sie ihr Amt zur Verfügung gestellt“, sagte Werner, der den Rücktritt selbst als „bedauerlich“ bezeichnete. Er schätze sie und halte sie für integer.

Auch Merle verteidigte Kurschus als Person. Sie habe „keinen Moment an der grundsätzlichen Integrität der Ratsvorsitzenden gezweifelt“, sagte sie.