EU-Parlament gibt grünes Licht für "Recht auf Reparatur"

EU-Parlament gibt grünes Licht für "Recht auf Reparatur"
Mehr als 30 Millionen Tonnen Müll entstehen jährlich in der Europäischen Union, weil Gegenstände nicht repariert, sondern weggeworfen werden. Das EU-Parlament will das mit dem "Recht auf Reparatur" ändern.

Straßburg (epd). Das EU-Parlament will ein „Recht auf Reparatur“ gesetzlich verankern und hat seine Position für einen entsprechenden Gesetzentwurf festgelegt. „Wer eine Reparatur wünscht, der bekommt eine Reparatur“, fasste der EU-Abgeordnete René Repasi (SPD) den Vorstoß am Dienstag in Straßburg zusammen.

Im Garantiefall würden Verbraucher derzeit meist ein neues Gerät bekommen, nach Ablauf der Garantie müssten sie das kaputte Gerät allzu oft entsorgen, weil keine Reparatur vorgesehen sei. Fahrräder seien ein gutes Beispiel dafür, wie der Markt in Zukunft auch bei anderen Produkten funktionieren soll: „Man kann sie reparieren, Nutzer tun das auch und es gibt die entsprechende Infrastruktur“, sagte Repasi.

Die EU-Kommission hatte den Gesetzvorschlag im März 2023 vorgelegt. Durch ausrangierte Produkte, die repariert werden könnten, entstehen nach EU-Angaben jedes Jahr 35 Millionen Tonnen Abfall in der Union. Verkäufer sollen daher verpflichtet werden, innerhalb der Garantiezeit eine Reparatur anzubieten. Ein Ersatz ist nur dann vorgesehen, wenn die Reparatur teurer wäre als ein neues Gerät.

Die Europaabgeordneten wollen Anreize schaffen, damit Verbraucher sich auch wirklich für die Reparatur und gegen ein Neugerät entscheiden. So sollen sie während der Wartezeit ein Ersatzgerät erhalten und die Garantie soll nach einer Reparatur um ein Jahr verlängert werden.

Der größte Nutzen dürfte sich für Konsumenten nach Ablauf der Garantie ergeben. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen das Recht haben, für Geräte wie Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones sowie für Fahrräder auch nach Ablauf der Garantiezeit eine Reparatur zu verlangen. Ersatzteile sollen dafür lange und kostengünstig vorgehalten werden müssen. Außerdem soll es leicht zugängliche Reparaturdienste geben - wie im Beispiel der Fahrradwerkstatt. Da Unternehmen nicht länger von einer möglichst kurzen Lebensdauer profitieren würden, hätten sie grundsätzlich einen Anreiz, langlebige Produkte herzustellen, erklärte Repasi.

Die Europaabgeordneten stimmten dem Gesetzentwurf fraktionsübergreifend und mit großer Mehrheit zu: 590 votierten dafür, 15 dagegen und 15 enthielten sich. Das Gesetz sei ein großer Anreiz für Verbraucherinnen und Verbraucher, ihr Produkt zu reparieren, sagte die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini. Andreas Schwab (CDU) kritisierte die aktuelle Wegwerfgesellschaft: „Wegen häufig fehlender Reparaturmöglichkeiten landen gebrauchsfähige Produkte zu früh im Müll“, sagte er.

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) begrüßte die Entscheidung. Das Gesetz könne die Reparatur von Geräten erleichtern. Die Verbraucherschützer forderten, Hersteller zu verpflichten, auch im Anschluss an die Garantie Reparaturen für alle Produkte zu ermöglichen. Bisher sehen die Vorschläge von Kommission und Parlament eine Reparaturpflicht nur für bestimmte Produktgruppen vor. Der vzbv begrüßte, dass der Vorschlag des EU-Parlaments zumindest vorsieht, dass die Liste künftig um weitere Produktgruppen ergänzt werden kann.

Nach der Abstimmung im EU-Parlament beginnen die abschließenden Verhandlungen über den endgültigen Wortlaut des Gesetzestextes mit dem Rat der EU, dem Gremium der EU-Mitgliedsstaaten, und der EU-Kommission. Diese beginnen voraussichtlich am 7. Dezember. Das Gesetz soll noch vor den Europawahlen 2024 verabschiedet werden.