"Unser Land ist gefordert wie lange nicht"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier  im Schloss Bellevue
© Soeren Stache/dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach im Schloss Bellevue vor Gästen zum Thema "Krieg in Nahost: Für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland!" (Archivbild)
Bundespräsident Steinmeier
"Unser Land ist gefordert wie lange nicht"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich besorgt geäußert, wie sehr die Gewalt im Nahen Osten den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland gefährdet. "Unser Land, unserer Gesellschaft ist gefordert wie lange nicht", sagte Steinmeier am Mittwoch in Berlin.

Vor einem Gespräch in Schloss Bellevue, zu dem unter anderem die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer eingeladen war, wandte sich der Bundespräsident direkt an die jüdische und palästinensische sowie die gesamte arabische Gemeinschaft in Deutschland. Unter dem Titel "Krieg in Nahost: Für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland!" wollte der Bundespräsident in seinem Amtssitz mit Gästen diskutieren, die in der täglichen Zusammenarbeit für ein friedliches Zusammenleben ohne Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit stehen.

"Ich kann Ihnen das Entsetzen über aggressive judenfeindliche Kundgebungen in Deutschland nicht nehmen. Aber ich will Ihnen versichern, dass dieses Land nicht ruhen wird, solange Sie um Ihre Sicherheit und die Sicherheit Ihrer Kinder fürchten müssen", sagte Steinmeier laut Redemanuskript an Jüdinnen und Juden gerichtet. "Wir werden Antisemitismus in unserem Land nicht dulden, keinen alten und keinen neuen, keinen christlichen und keinen muslimischen, keinen linken und keinen von rechts!", unterstrich der Bundespräsident.

Er sei entsetzt über Billigung des Terrors und antisemitische Hetze. Es sei "unerträglich, dass Jüdinnen und Juden 85 Jahre nach den Pogromen des 9. November 1938 sich nicht sicher fühlen in unserem Land", dass sie Angst hätten, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und dass Hausfassaden mit dem Davidstern beschmiert würden.

Steinmeier sagte an die palästinensische und die gesamte arabische Gemeinschaft gerichtet: "Sie alle sollen Raum haben, um Ihren Schmerz und Ihre Verzweiflung über die zivilen Opfer in Gaza zu zeigen, mit anderen zu teilen." Das Recht, dies öffentlich und friedlich zu tun, sei von der Verfassung garantiert und stehe nicht infrage. Es dürfe keinen antimuslimischen Rassismus und auch keinen Generalverdacht gegen Muslime geben.

"Aber Terrorismus, Volksverhetzung und der Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel sind nicht Teil dieser Garantie, und ich erwarte, dass wir gemeinsam dagegenhalten. Die Hamas spricht nicht für die Palästinenserinnen und Palästinenser", sagte Steinmeier. Diese würden selbst zu Opfern des Hamas-Terrors: "Ich bitte Sie, die Menschen mit palästinensischen und arabischen Wurzeln in Deutschland: Lassen Sie sich von den Helfershelfern der Hamas nicht instrumentalisieren!"

Wer in diesem Land lebt und leben wolle, der müsse die Regeln für ein friedliches Zusammenleben respektieren. "Wer in Deutschland lebt, muss Auschwitz kennen und die Verantwortung, die daraus erwächst. Jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, ist Staatsaufgabe und Bürgerpflicht", sagte Steinmeier.