Kritik an Lindner-Vorstoß zu späterem Kohleausstieg

Kritik an Lindner-Vorstoß zu späterem Kohleausstieg
"Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch indem wir den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen", heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel. Finanzminister Lindner will diese "Träume" beenden - und erntet heftige Kritik.

Düsseldorf (epd). Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den geplanten vorzeitigen Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 infrage gestellt. „Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch/Online). Die SPD wies dieses Ansinnen umgehend zurück. Linken-Chefin Janine Wissler warf Lindner „klimapolitische Verantwortungslosigkeit“ vor. Klimaaktivistin Luisa Neubauer forderte die Ampel-Partner auf, „diesen 'Vorstoß' vom Tisch zu räumen“.

Die Ampel-Parteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Für das Rheinische Revier haben sich der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und Bergbauunternehmen bereits auf Eckpunkte des vorgezogenen Ausstiegs aus der Braunkohlenverstromung bis 2030 geeinigt, das NRW-Landeskabinett verabschiedete im September eine neue sogenannte Leitentscheidung zur Umsetzung der Pläne.

Lindner argumentierte, für das Klima bringe das Ausstiegsdatum 2030 „ohnehin nichts, da die in Deutschland eingesparten CO2-Emissionen aufgrund der europäischen Regeln zum Beispiel in Polen zusätzlich anfallen dürfen“. Der FDP-Politiker setzt neben der weiteren Verbrennung von Kohle auch auf deutsches Erdgas. „Die inländische Gasförderung muss intensiviert werden“, sagte er. Für den Energiemix werde es auf den Bau neuer Gaskraftwerke als Reserve hinauslaufen. Auch der „Zubau von erneuerbaren Energien“ müsse schneller ermöglicht werden.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte die Äußerungen des Finanzministers nicht kommentieren. Er betonte aber, geltende Rechtslage sei, dass Deutschland bis 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen werde. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch forderte Lindner zur Einhaltung des Koalitionsvertrags auf. „Zielführend ist nicht, über das Datum zu diskutieren, sondern über die Maßnahmen, die wir jetzt brauchen, um die erneuerbaren Energien schnell auszubauen“, sagte Miersch der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Bei Planung und Genehmigung brauche es mehr Tempo.

Wissler warf Lindner vor, er werbe für Kohlestrom und deutsches Erdgas, das unvermeidlich aus Fracking kommen müsse, und damit für zwei der klimaschädlichsten Energieformen überhaupt. „Die Ampel soll ihre Hausaufgaben in Sachen Energiewende machen, statt über angebliche Unlösbarkeit zu lamentieren“, erklärte die Linken-Vorsitzende.

Neubauer schrieb im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, Klimaziele seien völkerrechtlich bindend, der Kohleausstieg sei bezahlbar und machbar. Klimaschutz sei „das entscheidende Projekt unserer Zeit“.