Alptraum für Frauen und Kinder

Kinder in Israel
© WIZO
Die Organisation WIZO unterstützt traumatisierte Menschen in Israel, besonders Kinder und Frauen.
Krieg in Israel
Alptraum für Frauen und Kinder
In Israel ist der Name WIZO - Women's International Zionist Organisation – überall bekannt. Die international vernetzte Hilfsorganisation setzt sich seit langem für Frauen und Kinder ein und ist in rund 800 sozialen Projekten in ganz Israel engagiert. Die NGO unterstützt nicht nur jüdische Menschen, sondern alle Menschen vor Ort, unabhängig von Religion und Herkunft. evangelisch.de-Autorin Christiane U. Cannizzo-Marcus hat mit der Präsidentin der jüdischen Frauenorganisation WIZO, Nicole Faktor, gesprochen.

"Momentan", berichtet Nicole Faktor, "ist die Situation für Frauen und Kinder in Israel ein Alptraum! Es ist schrecklich! Besonders im Süden des Landes, in der Nähe von Gaza, haben wir sehr viele Projekte. Dort helfen wir nun zu evakuieren und bringen die Menschen sozusagen "aus der Schusslinie" in Sicherheit. Wir bringen sie weg aus der Region, die derzeit massiv unter Beschuss ist. Wir evakuieren sie in die Mitte von Israel, denn im Norden könnte es bald auch gefährlich werden, falls die Hisbollah aus dem Libanon angreifen sollte. Das wissen wir ja alles nicht. Aber wir wollen die Menschen unbedingt in Sicherheit bringen."

In allen gefährdeten Gebieten landesweit werden zurzeit Schutzräume so schnell wie möglich neu geschaffen oder eben reaktiviert, denn diese wurden schon lange nicht mehr benötigt. Jetzt, ganz plötzlich, von heute auf morgen, müssen sie instand gesetzt werden. Dabei helfen alle verfügbaren Kräfte mit - auch WIZO. Die NGO arbeitet dafür Hand in Hand mit lokalen Netzwerken und Behörden, um die Menschen, die durch die Angriffe der Hamas heimat- und mittellos wurden, sofort zu beherbergen und zu versorgen. "Wir sammeln vor Ort alles, Kleider, Verpflegung - alles für jeden, der in Israel bedürftig ist!" sagt Faktor. 

"Inzwischen ist jeder in Israel betroffen!"

"Ein ganz wichtiges Thema ist Trauerbewältigung." fährt Faktor fort, "Inzwischen ist jeder in Israel betroffen. Mit Tod und Verschleppung, mit Kidnapping eines Freundes, eines Kindes eines Freundes, eines Verwandten – wie auch immer. Jeder im Land erlebt derzeit eine ganz persönliche Tragödie. Der Leiter der Jewish Agency beispielsweise, Doron Almog, hat durch das Massaker im Kibbuz Kfar Aza fünf Familienmitglieder verloren." 

Im Kibbuz Kfar Aza, an der Grenze zu Gaza, hatte die Hamas am Samstagmorgen ein Blutbad angerichtet. Das Kibbuz liegt nur ein paar Minuten vom hochgerüsteten Grenzzaun zwischen Gaza und Israel entfernt. Vor dem Angriff durch die Terrororganisation Hamas war das Kibbuz ein prosperierender Ort mit einer Schule, einer Synagoge und einer Bevölkerung von mehr als 700 Menschen. Auf einen grausamen Schlag ist nun alles zerstört. 

Solidarität gegen massive Bedrohung

"Alles, was derzeit in Israel passiert ist irgendwie kaum greifbar! Aber zugleich ist die Empathie, die Solidarität im Land unglaublich. Mein Sohn lebt in Israel – jedes Haus hat dort eine WhatsApp Gruppe, man hilft sich gegenseitig, man schickt ältere Kinder zu kleineren, um sie zu betreuen. Denn momentan sind die Kindergärten meist geschlossen. Jeder hilft jedem.", beschreibt die Präsidentin der WIZO. 

"Die momentane Bedrohung ist sehr konkret und allgegenwärtig", fährt sie fort, "die Menschen in den betroffenen Landesteilen werden angehalten, sich nicht aus dem Haus zu bewegen, sie haben sich Vorräte für mehrere Tage anlegen müssen. Wenn möglich, sollen sie sich in Schutzräume begeben. Aber diejenigen, die beispielsweise momentan in Krankenhäusern liegen, können natürlich keine Schutzräume aufsuchen. Sie und viele andere, die sich nicht in einen Schutzraum begeben können, sind den Bombeneinschlägen hilflos ausgeliefert. Viele sind traumatisiert. Menschen, die mitansehen mussten, dass ihre Eltern, ihre Kinder, ihre Freunde vor ihren Augen ermordet wurden. Es ist ein Alptraum!"

Nicole Faktor ist Präsidentin der Women's International Zionist Organisation in Deutschland.

WIZO Israel betreibt überall im Land "sogenannte Safety-Net Zentren", in denen normalerweise Kinder und Frauen betreut werden, die häuslicher Gewalt entflohen sind. Diese Zentren stehen in der momentanen Situation allen Menschen zur Verfügung, die Unterstützung benötigen. In Tel Aviv betreibt WIZO zudem ein Altersheim – auch dort bringt die NGO momentan Menschen aus dem Süden unter, die evakuiert wurden.

Nicole Faktor verliert nicht den Mut: "Wir halten alle zusammen. Was jetzt passiert, schweißt die Bevölkerung zusammen. Es ist wie ein starkes Band, was uns alle in der Not verbindet!"

In Israel engagiert sich WIZO auf breiter Ebene vornehmlich für Frauen und Kinder, hat aber auch ihre Familien im Blick: die NGO betreut 14.000 Kinder in 172 Kindertagesstätten, sie unterhält 11 Schulen und Einrichtungen für Jugendliche, ein Altenheim, Frauenhäuser, ein Familientherapiezentrum sowie zahlreiche Beratungsstellen. Ein wichtiger Fokus liegt insbesondere auf dem Empowerment von Frauen. In Schulungszentren für politische Bildung, genannt "School of Political Leadership for Women", werden Frauen landesweit ermutigt, sich politisch weiterzubilden, sich im politischen Raum zu orientieren und für öffentliche Ämter zu kandidieren. 

Nicole Faktor erzählt: "Wir stehen sehr stark für die Rechte der Frauen ein und arbeiten auch aktiv an der Gesetzgebung mit, zum Beispiel für die Gleichstellung von Frauen. Das "Equal Pay" – gleiche Bezahlung für Frauen - was letztes Jahr in Israel eingeführt wurde, daran war WIZO maßgeblich mit beteiligt."