Nahost-Konflikt auf Neuköllner Straßen

Nahost-Konflikt auf Neuköllner Straßen
Jubel und Hetze nach dem Überfall der Hamas auf Israel: Seit dem Wochenende geht die Polizei im Berliner Bezirk Neukölln immer wieder gegen pro-palästinensische Versammlungen vor.

Berlin (epd). Zahlreiche Organisationen, darunter mehrere arabische Verbände, haben die Verherrlichung des Terrors der Hamas auf den Straßen von Berlin-Neukölln scharf kritisiert. Der Zentralrat der Juden warnte derweil vor Angriffen auf jüdische Einrichtungen am Freitag. Auch am Donnerstag wurde wieder eine pro-palästinensische Versammlung von der Polizei verboten. Zur Begründung wurde auf die unmittelbar bestehende Gefahr verwiesen, dass es zu antisemitischer Hetze und zu Gewaltverherrlichungen kommen könne.

In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der „Neuköllner Zivilgesellschaft“ heißt es: „Wir verurteilen die Terror-Angriffe der Hamas auf Israel scharf.“ Es gebe keinerlei Rechtfertigung für die brutale Ermordung und Entführung von Menschen. Das Verherrlichen des Terrors und die Verhöhnung der Opfer sei inakzeptabel.

Seit dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am Wochenende ist es in Neukölln immer wieder zu antiisraelischen Kundgebungen gekommen. Die Neuköllner Erklärung warnt davor, den „furchtbaren Konflikt“ in Nahost „unmittelbar auf unsere Straßen“ zu tragen. Zugleich wird zu Besonnenheit, Ruhe und Verständigung aufgerufen: „Wir wollen bei allen Unterschieden und bei allen Differenzen miteinander in Frieden leben.“

Rund ein Viertel der mehr als 327.100 Bewohner Neuköllns (Stand Ende 2021) sind nach Angaben des Bezirksamtes Ausländer. Zudem leben in dem Bezirk viele arabischstämmige Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Unterzeichnet wurde die Erklärung unter anderem von Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD), der Union arabischer Gemeinschaftsverbände Berlin und dem Deutsch-Arabischen Rat sowie von Kirchengemeinden.

Auch muslimische Geistliche in der Hauptstadt zeigten sich bestürzt über den Jubel auf den Straßen nach dem Angriff der Hamas auf Israel. „Wir verurteilen auf das Schärfste die jüngsten Terrorakte im Nahen Osten und sind bestürzt über die Gewalt verherrlichenden Äußerungen und Gesten in Berlin“, heißt es in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung des „Rates der Berliner Imame“. Mord, Hass und Gewalt dürften niemals geduldet oder gar bejubelt werden. Die Erklärung wurde von 18 muslimischen Geistlichen unterzeichnet.

In Berlin gibt es Schätzungen zufolge mehr als 90 Moscheegemeinschaften und Gebetsräume. Imam ist ein arabischer Begriff und bezeichnet oft den Vorbeter und Vorsteher einer muslimischen Gemeinde.

Allein am Mittwoch war die Berliner Polizei nach eigenen Angaben bis in die Nachtstunden vor allem in Neukölln unterwegs. Mehr als 700 Polizistinnen und Polizisten waren zur Durchsetzung von Versammlungsverboten im Einsatz. Zuvor waren drei Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt verboten worden. Trotzdem kam es immer wieder zu Ansammlungen von teilweise mehreren Hundert Menschen.

Insgesamt wurden bis Mittwochabend 132 Personen vorübergehend festgenommen und 104 Platzverweise ausgesprochen. Zudem wurden 13 Strafermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung sowie unter anderem wegen Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs aufgenommen.