Experte: Anliegen ärmerer Länder bei UN-Generaldebatte ernst nehmen

Experte: Anliegen ärmerer Länder bei UN-Generaldebatte ernst nehmen
14.09.2023
epd
epd-Gespräch: Von Jan Dirk Herbermann

Genf (epd). Die Staats- und Regierungschefs westlicher Staaten müssen nach Ansicht des Direktors der „International Crisis Group“, Richard Gowan, auf den kommenden UN-Konferenzen die Anliegen der ärmeren Staaten ernst nehmen. Trotz des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sollten sie ernsthaft mit den Entwicklungsländern zusammenarbeiten, sagte Gowan dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf die Generaldebatte der UN-Vollversammlung sowie den Gipfel zur Halbzeitbilanz der UN Nachhaltigkeitsziele kommende Woche.

Entwicklungsländer würden brennende Probleme wie die zunehmende internationale Verschuldung und den Kampf gegen den Klimawandel in den Mittelpunkt rücken, sagte Gowan. Die Staats- und Regierungschefs armer Staaten forderten dabei mehr Wirtschaftshilfe.

Zugleich könnten die Regierungen der Entwicklungsländer ihr Unbehagen darüber zeigen, dass der Westen mit sehr viel Engagement der von Russland überfallenen Ukraine hilft, Problemen des globalen Südens aber nicht eine vergleichbar hohe Aufmerksamkeit schenkt. Der Direktor der Denkfabrik betonte, dass der mögliche Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei der Vollversammlung die Aufmerksamkeit auf den Konflikt im Osten Europas lenken würde.

Trotz der wachsenden Attraktivität von Staatengruppen wie den G7, den G20 oder Brics ist die UN-Vollversammlung laut Gowan nach wie vor von Bedeutung. Sie sei immer noch ein unverzichtbares Forum, auf dem viele kleine und mittlere Staaten, die keinen Zugang zu den G7 oder G20 hätten, sich bei Themen wie Entwicklung und Klimawandel Gehör verschaffen könnten. Wenn es um einen Konflikt wie in der Ukraine gehe, sei es den Großmächten nicht egal, wie die Vollversammlung abstimme.

Die „International Crisis Group“ ist eine Denkfabrik mit Hauptsitz in Brüssel. Sie ist nach eigenen Angaben eine „unabhängige Organisation, die sich dafür einsetzt, Kriege zu verhindern und eine Politik zu gestalten, die zu einer friedlicheren Welt führt“. Die Generaldebatte der 78. UN-Vollversammlung beginnt am 19. und endet am 26. September. Am Rande der Vollversammlung beraten die Regierungen bei einem Gipfel über die weitere Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele.