Wahlen in Ecuador im Schatten der Gewalt

Wahlen in Ecuador im Schatten der Gewalt

Berlin, Quito (epd). Unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen hat am Sonntagmorgen (Ortszeit) in Ecuador die Wahl des Präsidenten und der Nationalversammlung begonnen. Rund 13,4 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über das Staatsoberhaupt und die 137 Abgeordneten abzustimmen. Aufgrund der Gewalt im Land hat Präsident Guillermo Lasso, der nicht noch einmal antritt, den Ausnahmezustand verhängt. Das Militär patrouillierte in den Städten.

Der Wahlkampf war von dem Mord an dem Präsidentschaftsbewerber Fernando Villavicencio vom Mitte-Links-Bündnis Construye überschattet. Der 59-Jährige wurde in der vergangenen Woche auf offener Straße von Drogenbanden erschossen. Als Journalist und Abgeordneter hatte er immer wieder die weit verbreitete Korruption in Ecuador kritisiert und der Politik Verbindungen zur organisierten Kriminalität vorgeworfen. Er erhielt mehrere Todesdrohungen. Für Villavicencio trat am Sonntag der Journalist Christian Zurita an.

In den Umfragen führte zuletzt mit rund 25 Prozent Luisa González vom Bündnis Revolución Ciudadana. Sie wird von dem linkspopulistischen Ex-Präsidenten Rafael Correa (2007 bis 2017) unterstützt. Allerdings ist eine Stichwahl wahrscheinlich. Nach dem ecuadorianischen Wahlrecht müssen mindestens 40 Prozent und zehn Prozentpunkte Abstand zum Zweitplatzierten für einen Sieg in der ersten Runde erreicht werden. Auf den weiteren Plätzen folgen der indigene Umweltaktivist Yaku Pérez, der 2021 bereits als Präsidentschaftskandidat antrat, der konservative Hardliner Jan Topic und der ehemalige Vizepräsident Otto Sonnenholzner.

Ecuador galt noch vor ein paar Jahren als eines der sichersten Länder in Südamerika. Inzwischen ist das Land aufgrund seiner strategisch bedeutenden Lage zwischen den größten Drogenanbaugebieten Kolumbien und Peru sowie seiner Pazifikhäfen zum Hauptumschlagplatz für Kokain nach Europa geworden. Die organisierte Kriminalität, allen voran das mexikanische Sinaloa-Kartell, kämpft mit lokalen Banden um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Seit 2020 hat sich die Gewalt im Land verdreifacht. Polizei, Politik sowie Teile der Justiz sind von der organisierten Kriminalität unterwandert.

Die vorgezogenen Wahlen waren nötig geworden, weil der konservative Präsident Lasso im Frühjahr das Parlament auflösen ließ. Er kam damit einem Abwahlverfahren zuvor. Gegen Lasso wird wegen Veruntreuung ermittelt. Er soll unter anderem von lukrativen Öl-Verträgen profitiert haben.