Evangelische Kirche widerspricht "christlichem Zionismus"

Foto: epd-bild/Debbie Hill
Die Altstadt von Jerusalem. Kann man an politischen Ereignissen im "Gelobten Land" erkennen, wie sich biblische Prophezeihungen erfüllen?
Evangelische Kirche widerspricht "christlichem Zionismus"
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) grenzt sich vom "christlichen Zionismus" ab. Dessen Lehren und Praxis verschärften den israelisch-palästinensischen Konflikt und widersprächen dem biblischen Gebot der Versöhnung und der Feindesliebe, wird in dem Text "Gelobtes Land?" kritisiert. Der Text wurde am Mittwoch in Hannover veröffentlicht.

In der Orientierungshilfe wird christlich-zionistischen Positionen, die etwa in der Einwanderung der Juden nach Israel ein Zeichen für die baldige Erfüllung biblischer Prophezeiungen sehen, auch aus theologischer Sicht widersprochen.

Der christliche Zionismus basiere auf einer Engführung biblischer Aussagen, argumentieren die evangelischen Kirchen. Er konstruiere endzeitliche Abläufe, für die es nur bedingt biblische Quellen gebe. In dem Text wird zudem kritisiert, nach christlich-zionistischen Vorstellungen hätten Nichtjuden kein Lebensrecht in Israel und dürften nur als Land- und Rechtlose dort wohnen. "Das verletzt den biblischen Wert der Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte."

Auch werde dem Judentum kein eigener Wert zugestanden. Dies sei im Kern judenfeindlich und widerspreche den Grundsätzen des christlich-jüdischen Dialogs, heißt es. Überdies sei christlicher Zionismus, weil er das Existenzrecht der Kirchen in der Nahost-Region verneine, unökumenisch.

Siedlungsbau als Zeichen für Beginn der Endzeit

###mehr-info###Der christliche Zionismus hat seine Ursprünge in der protestantischen Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts. Er propagiert die Vorstellung, das gegenwärtige Zeitalter münde in der Rückkehr aller Juden aus der Diaspora in das Land Israel und in die Wiederherstellung Israels. Seine Anhänger befürworten die israelische Siedlungstätigkeit in den besetzten Gebieten und lehnen deren Rückgabe ab. Sie sehen darin ein Zeichen für den Beginn der Endzeit und die Wiederkehr des Messias. Einflussreiche Anhänger hat er vor allem unter christlichen Fundamentalisten in den Vereinigten Staaten, in Deutschland werden christlich-zionistische Positionen nur von wenigen Gruppierungen vertreten.

Die Orientierungshilfe wurde im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Union Evangelischer Kirchen in der EKD, sowie der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands erarbeitet. Sie sei ein Beitrag zu einer Neubestimmung des Verhältnisses von Christen und Juden, heißt es im Vorwort. "Ebenso trägt sie zur unerlässlichen Frage bei, wie die evangelischen Kirchen ihre Solidarität mit dem Staat Israel mit dem Engagement für eine selbstbestimmte, gerechte und friedliche Zukunft aller Bewohner des Landes der Bibel verbinden können."

Christen sind mit Israel verbunden

Der Text skizziert die Kirchengeschichte des Heiligen Landes und die aktuellen Situation von Christen und Kirchen in der Region. Christen in den besetzten Gebieten litten unter Isolierung und eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Als Folge seien viele Christen aus der Region ausgewandert.

Die Schrift bekräftigt den Konsens über die verbleibende Verbundenheit der Christen mit Israel als dem erstberufenen Volk Gottes und bejaht das Existenzrecht des Staates Israel. Die Orientierungshilfe knüpft an frühere EKD-Studien zum Thema Christen und Juden sowie die Studie "Kirche und Israel" der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa an. In den meisten evangelischen Landeskirchen in Deutschland nimmt die Verfassung ausdrücklich auf das Verhältnis von Kirche und Judentum Bezug.