MDR: Rechtswissenschaftler kritisiert Einkesselung

MDR: Rechtswissenschaftler kritisiert Einkesselung

Leipzig (epd). Der Berliner Rechtswissenschaftler Clemens Arzt hält das stundenlange Festhalten von mehr als 1.000 Menschen bei Protesten gegen das Urteil im Prozess gegen Lina E. in Leipzig für fragwürdig. „Eine solche Maßnahme gegen Hunderte von Menschen für eine so lange Dauer scheint mir rechtlich nicht zulässig gewesen zu sein“, sagte Arzt am Mittwochabend MDR. Unter den von der Polizei am vergangenen Samstagabend Eingekesselten sollen auch viele Minderjährige gewesen sein.

Zweifel hat der Experte für Polizei- und Versammlungsrecht zudem an der Aussage der Polizei, alle Festgehaltenen seien des schweren Landfriedensbruchs und damit einer Straftat verdächtig. „Das lässt sich gegenüber tausend Menschen eigentlich plausibel nicht begründen“, sagte Arzt. Er ist Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Der Jurist rät Betroffenen, „sich zu überlegen und sich mit anderen zu beraten, ob sie nicht den Rechtsweg beschreiten“. Die Polizei habe auch eine Fürsorgepflicht für Minderjährige, sagte Arzt. Dieser sei mit der stundenlangen Einkesselung zuwider gehandelt worden. Insbesondere die Dauer sei nicht zulässig.

Nach MDR-Recherchen entkam ein Teil der Steinewerfer, bevor die Polizei den Kessel schließen konnte. Die Identitätsfeststellungen der verbliebenen Demonstranten hätten die gesamte Nacht über gedauert.

Mit den Protesten am sogenannten „Tag X“ reagierte die linke Szene auf die Verurteilung von vier mutmaßlichen Linksextremisten um Lina. E.. Dabei kam es auch zu Gewalt gegen Beamte.