Linksextremismus-Prozess: Verteidiger fordern Freisprüche

Linksextremismus-Prozess: Verteidiger fordern Freisprüche
Nach fast 100 Verhandlungstagen geht der Linksextremismus-Prozess um die Studentin Lina E. vor dem Oberlandesgericht Dresden zu Ende. Das Urteil könnte nächste Woche fallen. Zuvor kritisierte die Verteidigung die Behörden.

Dresden (epd). Im Prozess gegen vier mutmaßliche Linksextremisten um die Studentin Lina E. vor dem Oberlandesgericht Dresden sind am Mittwoch die letzten Plädoyers der Verteidigung gehalten worden. Die Verteidiger forderten auch für den vierten Angeklagten einen Freispruch.

Verantworten müssen sich vor Gericht seit September 2021 neben der 28-jährigen Lina E. drei Männer. Ihnen werden von Leipzig aus tätliche Angriffe auf Rechtsextreme zwischen 2018 und 2020 sowie die Gründung einer kriminellen linksextremistischen Vereinigung vorgeworfen (Az. 4 St 2/21). Ein Urteil wird für Ende Mai, Anfang Juni erwartet.

Für die aus Hessen stammende Lina E., die seit November 2020 in Untersuchungshaft sitzt, hatten die Verteidiger zuvor in fast allen Anklagepunkten ebenfalls auf Freispruch plädiert. Die Bundesanwaltschaft fordert für die mutmaßliche Linksextremistin eine achtjährige Haftstrafe und mehrjährige Haftstrafen von bis zu drei Jahren und neun Monaten für die drei Mitangeklagten. Die Verteidiger plädieren dagegen auf Freispruch der drei Männer, die sich derzeit auf freiem Fuß befinden.

Der Verteidiger Einar Aufurth warf den Sicherheitsbehörden am Mittwoch ein Versagen im Umgang mit Rechtsextremisten vor. Als Beispiel für Versäumnisse nannte er unter anderem den langjährigen rechtsextremen Terror des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Rechtsextreme und linksextreme Delikte würden zuungunsten der Linksextremisten unterschiedlich geahndet, kritisierte der Berliner Anwalt. Im Fall seines Mandanten schloss er nicht aus, dass die Bundesanwaltschaft dessen Alibi möglicherweise mit Absicht übersehen habe.

Die Verteidigerin Undine Weyers äußerte in ihrem Schlusswort Zweifel an der deutschen Justiz. Immer wieder gebe es Fehlurteile, die viel zu selten revidiert würden. Die Verteidiger und damit ihre Angeklagten befänden sich auf „verlorenem Posten“, sagte die Berliner Anwältin mit Blick auf den laufenden Prozess. Der Kammer warf sie vor, sich schon festgelegt und Beweisergebnisse „abgehakt“ zu haben. Sie hoffe aber, dass nicht „schon alles feststeht“ an den Urteilen. Weyers wollte ihr Plädoyer am Nachmittag fortsetzen. Erwartet wurden zudem mögliche letzte Worte der Angeklagten.