EU-Staaten holen eigene Staatsbürger aus dem Sudan

EU-Staaten holen eigene Staatsbürger aus dem Sudan
Angesichts der Kämpfe im Sudan haben viele Staaten ihre Bürger aus dem Land ausgeflogen. Auch die Bundeswehr holte rund 300 Menschen aus dem Land. Weitere sollten am Abend ankommen. Ob danach weitere Evakuierungen möglich sind, ist ungewiss.

Berlin (epd). Deutschland und andere EU-Staaten haben nach den Kämpfen im Sudan ihre Staatsbürger mit Evakuierungsmissionen außer Landes gebracht. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Luxemburg mitteilte, wurden bis Montagmorgen rund 1.000 Menschen aus EU-Staaten ausgeflogen. Mit Flügen der Bundeswehr wurden rund 300 Menschen in Sicherheit gebracht, darunter zur Hälfte Deutsche und Menschen aus rund 20 weiteren Nationen. Ein weiterer Flug der Luftwaffe sollte bis Montagabend rund 100 Menschen aus dem nordostafrikanischen Land herausholen.

Dann endet nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die dreitägige Feuerpause, die die Rettungseinsätze ermöglicht habe. „Ob die Sicherheitslage in den nächsten Tagen weitere Evakuierungen erlauben wird, ist mehr als ungewiss“, sagte Baerbock.

Nach einer Eskalation der Gewalt im Sudan hatten Deutschland und andere Staaten in den vergangenen Tagen Evakuierungsmissionen gestartet. Ein Albtraum sei über den Sudan hereingebrochen, sagte Baerbock. Es sei ein „sinnloser und blutiger Machtkampf“, sagte sie und erneuerte ihre Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand, der humanitäre Hilfe ermögliche.

Grund der Kämpfe in dem Land am Horn von Afrika ist ein Machtkampf zwischen Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan und dem Befehlshaber der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF), Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“. Bei den Gefechten wurden nach UN-Angaben mindestens 427 Menschen getötet und mehr als 3.700 weitere verletzt.

Die humanitäre Lage war im Sudan bereits vor den jüngsten Kämpfen sehr schwierig. Laut den UN brauchten knapp 16 Millionen Menschen Hilfe zum Überleben, rund ein Drittel der Bevölkerung. Nun sind in der Hauptstadt Khartum sowie in der westlichen Darfur-Region viele Gesundheitseinrichtungen wegen fehlenden Arzneien und Materialien nur noch eingeschränkt in Betrieb. Auch die Projekte der Welthungerhilfe sind aus Sicherheitsgründen ausgesetzt, wie die für den Sudan zuständige Regionaldirektorin, Andrea Padberg, dem epd sagte.

Die Situation erschwert auch die Evakuierung. Bereits am Freitag berichtete das Auswärtige Amt, dass es schwierig sei, alle Deutschen im Sudan zu erreichen, weil Strom fehle und Handyakkus zur Neige gegangen seien. Immer noch befänden sich Deutsche vor Ort, sagte Baerbock. Daher sei der „Moment des Aufatmens“ nicht erreicht. Gleichzeitig äußerten sich Baerbock und Pistorius erleichtert über den Verlauf der gefährlichen Evakuierungsmission. Bislang sei niemand zu Schaden gekommen, sagte Pistorius.

Sudanesische Beschäftigte der deutschen Auslandsvertretung und der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurden nicht ausgeflogen. Die rechtliche Voraussetzung zur Evakuierung der Ortskräfte wäre eine spezielle Verfolgung dieser Mitarbeitenden, erläuterte Baerbock. Dies sei nicht gegeben und die Situation nicht mit der in Afghanistan im vergangenen Jahr vergleichbar, sagte sie. Nach dem Abzug der Streitkräfte aus Afghanistan gerieten die lokal Beschäftigten unter Druck, weil sie für deutsche Institutionen oder solche anderer westlicher Staaten tätig waren. Die lokal Beschäftigten hätten bislang auch nicht den Wunsch geäußert auszureisen, sagte Baerbock.

Laut Auswärtigem Amt arbeitet für die Auslandsvertretung eine „zweistellige Zahl“ Beschäftigter. In den Projekten der GIZ sind laut Entwicklungsministerium 103 lokal Beschäftigte angestellt. Die internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GIZ sowie die Entsandten der deutschen Auslandsvertretung wurden nach Angaben der beiden Ministerien inzwischen alle außer Landes gebracht.

Für den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr muss der Bundestag noch nachträglich seine Zustimmung geben. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, sollte dem Parlament noch am Montag ein vom Kabinett abgestimmter Mandats-Entwurf zugeleitet werden. Nach Angaben von Baerbock soll das Thema bereits an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Parlaments ergänzt werden.