Bundessozialgericht: Unfallschutz für bahnsurfenden Schüler

Bundessozialgericht: Unfallschutz für bahnsurfenden Schüler

Kassel (epd). Schüler stehen auf dem Heimweg von der Schule auch bei einem leichtsinnigen und verbotenen Bahnsurfen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Schüler seine Mitschüler mit der selbstgeschaffenen Gefahr beeindrucken wollte, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 2 U 3/21 R)

Geklagt hatte ein ehemaliger Gymnasiast aus Brandenburg, der am 21. Januar 2015 nach Schulende seinen Mitschüler mit einem verbotenen Bahnsurfen imponieren und vor ihnen „cool“ erscheinen wollte. Der damals knapp 16-Jährige hatte auf dem Heimweg von der Schule mit einem mitgeführten Vierkantschlüssel die verschlossene Durchgangstür des letzten Waggons eines Regionalzuges geöffnet und war auf das Dach der dahinterliegenden Lok geklettert.

Bei der gefährlichen Aktion erlitt er einen Stromschlag aus der Starkstrom führenden Oberleitung. Der Schüler überlebte schwer verletzt und erlitt hochgradige Verbrennungen von mehr als einem Drittel (35 Prozent) seiner Körperoberfläche.

Die Unfallkasse Brandenburg sah in dem Unfall keinen versicherten Wegeunfall. Dem folgte auch das Landessozialgericht Potsdam. Der Schüler sei reif genug gewesen, um seine Tat einschätzen zu können.

Doch das BSG urteilte, dass ein versicherter Wegeunfall vorgelegen habe. Der Unfallversicherungsschutz gelte auch „bei spielerischen Betätigungen im Rahmen schülergruppendynamischer Prozesse“. Dies sei hier der Fall gewesen. Es könne auch nicht damit gerechnet werden, dass pubertierende Schüler immer rational handelten. Der Kläger sei zudem wegen früherer erfolgreicher Surfaktionen sorglos geworden und habe „cool“ erscheinen wollen. Dies habe zu einer „massiven alterstypischen Selbstüberschätzung“ geführt.