Sahel-Experte: Krise um Bundeswehrstandort in Mali verschärft sich

Sahel-Experte: Krise um Bundeswehrstandort in Mali verschärft sich
04.02.2023
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Frankfurt a.M., Bamako (epd). In Mali verschärft sich laut dem Sahel-Experten Ulf Laessing die humanitäre Krise in der Region rund um den Bundeswehrstandort Gao. Seit dem Abzug der französischen Truppen sei die Lage „deutlich schlechter“ geworden, sagte der Büroleiter des Sahel-Programms der Konrad-Adenauer-Stiftung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kämpfer des lokalen Ablegers des „Islamischen Staates“ breiteten sich im Nordosten des Landes aus. Täglich kämen neue Flüchtlinge in Gao an. Ein vorzeitiger Abzug der Bundeswehr, wie zuletzt von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ins Gespräch gebracht, könnte die Hilfe für die Vertriebenen dabei weiter erschweren.

Schätzungen zufolge hätten bis zu 100.000 Vertriebene in der Nähe von Gao Zuflucht gefunden, sagte Laessing nach einem Besuch in der Stadt. Islamistische Kämpfer stählen in den ländlichen Gebieten Vieh, „brennen Dörfer oder Felder nieder und zwingen die Leute zur Flucht“. Der Büroleiter der CDU-nahen Stiftung sprach von einer Krise, „die noch nicht die Aufmerksamkeit der Welt bekommen hat“.

In Mali herrscht seit Jahren Gewalt. Die UN-Friedensmission Minusma, an der sich die Bundeswehr mit etwa 1.100 Soldatinnen und Soldaten beteiligt, schafft es nicht, das Land zu befrieden. Vergangenen August hat Frankreich die letzten Truppen seiner Antiterrormission abgezogen. Hintergrund waren zunehmende Konflikte mit der malischen Militärregierung, die enge Verbindungen zu Russland unterhält.

Laessing zufolge hat sich die Sicherheitslage durch den Abzug stark verschlechtert. Nun könnten sich die Islamisten „frei bewegen, auch auf längeren Strecken“. In Gao, wo der Großteil der Soldaten des deutschen Minusma-Kontingents stationiert ist, sei die Lage auch wegen der Präsenz der Bundeswehr noch „einigermaßen sicher“. Solange die UN und die Bundeswehr da seien, trauten sich die Islamisten nicht in die großen Städte.

Mit Blick auf die Debatte über einen vorzeitigen Abzug der Bundeswehr aus Mali mahnte Laessing an, auch die humanitären Folgen im Blick zu haben. Ohne die Blauhelmsoldaten müsste auch die Hilfe eingeschränkt werden. „Man könnte nicht mehr so viel in ländliche Regionen gehen. Die Versorgung wäre schwieriger.“ Die Bundeswehr leiste für die Mission insgesamt einen wichtigen Beitrag, etwa durch den Einsatz von Hubschraubern. Diese Fähigkeiten könnten nicht so leicht ersetzt werden. Die Bundesregierung will wegen Konflikten mit der malischen Regierung die deutschen Soldaten bis Ende Mai 2024 abziehen. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) brachte zuletzt wegen wiederkehrender Behinderungen einen früheren Zeitpunkt ins Gespräch.