Großer Teil der Juden in Deutschland lebt in Armut

Großer Teil der Juden in Deutschland lebt in Armut

Frankfurt a. M., Mainz (epd). Aufgrund der ärmlichen Lebensverhältnisse vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland fordert die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) finanzielle Hilfen für die älteren Gemeindemitglieder. Die Lebensleistung der zugewanderten Jüdinnen und Juden sollte mit einer „angemessenen Einmalzahlung“ gewürdigt werden, erklärte ZWST-Direktor Aron Schuster am Donnerstag in Frankfurt am Main. Für die Wiederherstellung jüdischen Lebens hätten viele der Zuwanderinnen und Zuwanderer „teils unter deutlicher Verschlechterung ihrer sozialen Situation einen erheblichen Beitrag geleistet“.

Unterstützung erhielt Schuster von dem in Mainz ansässigen Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“. 65.000 bis 70.000 Jüdinnen und Juden in der Bundesrepublik lebten in Armut, sagte am Donnerstag der Vereinsvorsitzende Gerhard Trabert. Dass Überlebende des Holocaust und ihre Nachkommen im reichen Deutschland im Alter kein auskömmliches Leben führen könnten, sei inakzeptabel. Offiziellen Zahlen zufolge haben die jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik knapp 92.000 Mitglieder.

Schuster zufolge ist für die jüdische Gemeinschaft „die Rentenproblematik deutlich drängender als für andere Bevölkerungsteile“. Während rund 3,6 Prozent der deutschen Rentner auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen sei, liege die Quote bei den jüdischen Zuwanderern mit über 50 Prozent um ein Vielfaches höher. Grund dafür sei unter anderem der hohe Akademiker-Anteil der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer. Deren Abschlüsse seien in der Bundesrepublik nur zum Teil anerkannt worden. Mangelnde Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt habe zum Bruch der Erwerbsbiografien geführt.

Erschwerend komme hinzu, dass Renten aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion zwar zum Einkommen von Hilfebedürftigen gezählt werden, aber nur noch eingeschränkt in die Bundesrepublik überwiesen würden. Oftmals erfolgten solche Rentenzahlungen nur noch auf Konten in den Heimatländern. „Aufgrund des Krieges und der damit verbundenen Reiseeinschränkungen können die Betroffenen nicht in das Herkunftsland fliegen, um ihre Rente abzuheben“, erklärte Schuster. In vielen Fällen seien auch die Reisekosten inzwischen so hoch, dass sich dies gar nicht mehr lohne: „Letztlich haben viele Personen keinen Anspruch auf die volle Grundsicherung im Alter, obwohl sie mit dem realen Einkommen unter dem Existenzminimum liegen und keinen Zugriff auf ihre Rentenzahlungen haben.“