Randale zu Silvester: Debatte um Migranten

Randale zu Silvester: Debatte um Migranten
Faeser will harte Bestrafung der Täter
Nach den Krawallen in der Silvesternacht ist eine Debatte um die Migrationspolitik entbrannt. Wissenschaftler und Psychologen warnen aber vor Pauschalurteilen.

Berlin (epd). Nach den Angriffen auf Rettungskräfte und Polizisten in der Silvesternacht fordert Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine rasche Bestrafung der Täter. „Wir haben in deutschen Großstädten ein großes Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund, die unseren Staat verachten, Gewalttaten begehen und mit Bildungs- und Integrationsprogrammen kaum erreicht werden“, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Mittwoch, Print Donnerstag). Auch der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Brandl (CSU), machte Menschen mit Migrationshintergrund für die Silvester-Krawalle verantwortlich. Sozialpsychologen warnten indes vor Pauschalurteilen.

„Die Polizei muss sehr konsequent in Brennpunkte hineingehen“, unterstrich Faeser. Junge Gewalttäter müssten schnelle und deutliche strafrechtliche Konsequenzen spüren. Der Staat dürfe es nicht zulassen, dass junge Gewalttäter ihre Viertel terrorisierten. Die Entgleisungen seien „eindeutig zuordenbar“, sagte Städte- und Gemeindebunds-Präsident Brandl. „Der Umgang mit Migranten, die sich jenseits der Rechtsordnung verhalten, muss offen diskutiert werden“, forderte der CSU-Politiker.

Der Sozialpsychologe und Gewaltforscher Andreas Zick erklärte, selbst wenn junge Männer aus migrantischen Milieus beteiligt seien, seien es von Drogen aufgeputschte Menschen sowie solche, „die Spaß an Gewalt haben und andere darin bestätigen, dass Gewalt Spaß macht“. Man könne die Gruppendynamik genauer erforschen, sagte der Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch). „Aber wir müssen das ohne Vorurteil und Vorabbeschuldigung von Gruppen tun, denn es sind viele Gruppen, die die Dynamik erzeugen“, betonte Zick.

Der Psychologe und Autor Ahmad Mansour mahnte, es sei zu einfach, nur Migrationshintergrund als Tatmotiv darzustellen. Es sei aber ebenfalls zu einfach, Migrationshintergrund komplett auszublenden.

Bereits gestern hatte Berliner Polizei neue Zahlen zu den Festnahmen an Silvester veröffentlicht. Demnach haben 45 der 145 Festgenommenen die deutsche Staatsbürgerschaft, 27 die afghanische und 21 die syrische. Der Rest verteilt sich auf 17 weitere Nationalitäten. Die Angaben sind vorläufig, bei 13 der mutmaßlichen Täter ist die Staatsangehörigkeit noch unklar. Zahlen aus anderen Städten liegen dem Evangelischen Pressedienst (epd) noch nicht vor.

Zur Verfolgung von Straftaten gegen Einsatz- und Rettungskräfte in der Silvesternacht richtete die Berliner Polizei ein Hinweisportal ein und bat die Bevölkerung um Mithilfe. Gegen die Tatverdächtigen wurden insgesamt 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte am Mittwoch in Berlin, der Kern der Debatte seien nicht der sogenannte Migrationshintergrund oder Böllerverbote, sondern es seien die Angriffe auf den Rechtsstaat. Zum Thema Migrationshintergrund sagte er, es sei in solchen Situationen immer richtig, genau hinzuschauen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte einen Gipfel gegen Jugendgewalt an. Als Antwort auf die „massive Respektlosigkeit“ und die Gewalt brauche es einen „Mix aus ausgestreckter Hand und Stopp-Signal“, sagte Giffey.

Rettungsdienste forderten unterdessen mehr Respekt für ihre Beschäftigten. Es brauche eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber, sagte der Pressesprecher des Bayerischen Roten Kreuzes, Sohrab Taheri-Sohi, dem epd. Der Bundesvorsitzende des Arbeiter-Samariter-Bunds, Knut Fleckenstein, sagte dem epd, die Angriffe seien „Höhepunkt einer seit Jahren beobachtbaren Verrohung und Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften“.