Lauterbach: Gesetzespläne gegen Lieferengpässe bei Medikamenten

Lauterbach: Gesetzespläne gegen Lieferengpässe bei Medikamenten
Fieber- und Hustensäfte für Kinder sind derzeit nur schwer zu bekommen. Um weitere Engpässe bei Medikamenten zu vermeiden, will Gesundheitsminister Lauterbach, dass die Hersteller in Zukunft wieder mehr Geld mit Generika verdienen können.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in der aktuellen Infektionswelle schnell gegen die Engpässe bei Kinderarzneimitteln und weiteren Medikamenten vorgehen. Die Krankenkassen sollen die Mehrkosten für teurere Ausweichmedikamente übernehmen, erklärte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Längerfristig will der SPD-Politiker dafür sorgen, dass die Preisvorschriften für Kinderarzneien gelockert werden, wieder Medikamente von europäischen Herstellern ins Spiel kommen und Vorräte der preisgünstigsten Arzneien angelegt werden.

Dass man in Deutschland derzeit nur schwer einen Fiebersaft für ein Kind bekomme, der im Ausland noch erhältlich ist, sei inakzeptabel, erklärte Lauterbach. Er warb aber auch um Geduld: „Die Discounter-Politik hat die Arzneimittelversorgung kontinuierlich über Jahrzehnte verschlechtert. Das zurückzudrehen, geht nicht über Nacht“, erklärte er. Kurzfristig dürfen die Apotheken nach Lauterbachs Plänen nun wirkstoffgleiche, teurere Arzneimittel abgeben, wenn das günstigste Medikament nicht vorrätig ist oder aus Pillen Säfte machen.

Die Lieferengpässe betreffen vor allem patentfreie Medikamente, die sogenannten Generika. Neben Kinderarzneimitteln wie Fieber- und Hustensäfte sind auch einige Krebsmedikamente und Antibiotika derzeit knapp. Ein Grund ist, dass die Krankenkassen mit den günstigsten Herstellern Verträge schließen müssen und die Apotheken dann nur diese Arzneimittel abgeben dürfen. Eine Folge ist, dass die Produktion in Billiglohnländern konzentriert wurde und die Zahl der Anbieter gesunken ist.

Bei künftigen Ausschreibungen sollen den Plänen zufolge deshalb auch wieder Hersteller berücksichtigt werden, die Krebsmedikamente und Antibiotika in Europa produzieren. Außerdem sollen zur Sicherung der Versorgung mit den günstigen Arzneimitteln Vorräte angelegt werden.

Aus Sicht der Kassenärzte gehen Lauterbachs Vorschläge in die richtige Richtung. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen erklärte, es sei richtig, die Preisregeln für Kinderarzneimittel zu lockern. Der Lobbyverband der Generika-Produzenten „Pro Generika“ und der Bundesverband der Arzneimittelhersteller begrüßten ebenfalls, dass der Kostendruck auf die Hersteller gelockert werden solle. Das sei vor allem in Hinblick auf Kinderarzneimittel richtig, da deren Produktion unwirtschaftlich geworden sei, erklärte Pro Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer.

Demgegenüber bezweifelte Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery, dass durch höhere Preise und die Aufhebung von Rabattvorgaben für die Hersteller die Probleme schnell zu lösen seien. Er sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Mittwoch), die jetzt fehlenden Medikamente seien nicht mehr oder nur noch von wenigen Firmen in China oder Indien produziert worden: „Es lohnt nicht mehr, die Grundstoffe herzustellen. Und das kann man nicht auf einen Schlag ändern“, sagte Montgomery. Alle Ärzteverbände wiesen schon seit Jahren auf diese Probleme hin. Man könne nur hoffen, dass Lauterbachs späte Einsicht in die Folgen der von ihm selbst „mit vertretenen Überökonomisierung im Gesundheitswesen“ nicht zu spät komme, sagte Montgomery.