Expertin: "Ein sehr guter Vorschlag liegt auf dem Tisch"

Expertin: "Ein sehr guter Vorschlag liegt auf dem Tisch"
12.12.2022
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser

Hamburg (epd). Die Politologin Ricarda Milstein, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Management im Gesundheitswesen der Uni Hamburg, sieht in dem Vorschlag der Regierungskommission zur Reform der Krankenhausstruktur viele gute Ansätze. Wenn Kliniken sich nicht mehr fast ausschließlich über Fallpauschalen Einnahmen sichern, dann nehme das den Anreiz, sich über die Menge an Behandlungsfällen zu finanzieren, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele unnötige Operationen könnten dann entfallen.

Künftig soll die Finanzierung der Kliniken auf zwei Säulen ruhen: weiterhin gibt es Fallpauschalen, aber vom Einnahmeniveau abgesenkt, und zusätzlich Pauschalen für die Vorhaltung von medizinischer Infrastruktur. Diese Vorhaltepauschalen sollen unterschiedlich hoch ausfallen, je nachdem, wie gut planbar die Auslastung ist. In der Intensivmedizin oder Kinderheilkunde, wo es Zeiten hoher und geringer Auslastung gibt, sollen die Vorhaltepauschalen höher sein. Diese Unterscheidung zwischen Abteilungstypen erscheine ihr sinnvoll, sagte Milstein.

Verbindlich geregelt werde auch, welche Klinik welche Leistungen erbringen darf. Milstein lobte es als „Fortschritt für Deutschland, wenn wir die Leistungserbringung in den Krankenhäusern an Qualitätskriterien knüpfen“. Zwar gebe es in diesem Bereich schon jetzt Ansätze. Aber: „Wir sollten uns stärker fragen, ob unsere Krankenhäuser die Strukturen haben, um qualitativ gute Leistungen zu erbringen.“ Hierzu liege jetzt ein sehr guter Vorschlag auf dem Tisch.

Der Vorschlag der Regierungskommission geht davon aus, dass die Reform kostenneutral wäre. Milstein trat Kritik entgegen, wonach es ohne mehr Geld im System nicht gehe. „Der Aussage, dass nicht genügend Geld im System wäre, würde ich so nicht zustimmen“, sagte sie. Der Entwurf habe das Potenzial, Geld bedarfsgerechter zu kanalisieren. Wenn einige Kliniken Leistungen, die andere Häuser qualitativ besser machten, nicht mehr anböten, und die Zahl unnötiger Behandlungen reduziert werde, werde Geld frei, das an anderer Stelle besser eingesetzt werden könne.

Dabei gebe es ein Spannungsfeld, räumte Milstein ein: „Einerseits möchte man eine wohnortnahe Versorgung, andererseits eine qualitativ hochwertige Medizin sicherstellen.“ In Frankreich, wo es ein ähnliches Drei-Stufen-Modell für das Niveau der medizinischen Versorgung gebe wie im Entwurf vorgesehen, seien die Erfahrungen damit überwiegend gut.