Handwerkspräsident: Bildungsströme gehen an Bedürfnissen vorbei

Handwerkspräsident: Bildungsströme gehen an Bedürfnissen vorbei

Düsseldorf (epd). Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer beklagt ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen Akademikern und Berufspraktikern. „Die Bildungsströme gehen an den Bedürfnissen der Gesellschaft, der Wirtschaft weiter vorbei“, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwoch). „Ziel kann doch nicht sein, möglichst viele Akademiker zu haben, die sich dann nicht selten in prekären Arbeitsverhältnissen und Kettenbefristungen wiederfinden, die ihrem Studium nicht entsprechen.“

Zugleich würden beruflich qualifizierte Fachkräfte gesucht, „gerade auch um all die Klimaschutz-, Energie- und Mobilitätswenden umzusetzen“, betonte Wollseifer. Viele junge Leute wüssten nicht genug „von all den zukunftssicheren Berufs- und Karrieremöglichkeiten mit einer Ausbildung“. Zurzeit gebe es allein im Handwerk noch über 20.000 offene Lehrstellen, das sei „der höchste Wert, den wir in der Bundesrepublik je hatten“. Die Alten gingen in Rente und die Jungen meist an die Universitäten. Insgesamt schätzt der Handwerkspräsident den Mangel an qualifizierten Fachkräften im Handwerk auf rund 250.000 Menschen.

Von der Politik fordert er eine Bildungswende. „Wir sollten Ausbildungsbetriebe entlasten, damit sie sich in diesen wirtschaftlich schweren Zeiten nicht aus der Ausbildung zurückziehen“, sagte Wollseifer. „Eine steuerliche Entlastung wäre etwa vorstellbar, indem für Ausbildungsbetriebe vorgesehen wird, dass sie die Ausbildungsvergütungen ihrer Lehrlinge doppelt von der Steuer absetzen können.“

Mit Blick auf die Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes forderte Wollseifer unkomplizierte und unbürokratische Regeln, die sich an der Praxis orientieren. „Kleine Betriebe haben keine großen Personalabteilungen, die sich lange mit Ausländerbehörden auseinandersetzen können“, unterstrich er. Die Ausländerbehörden müssten zu sogenannten Welcome-Centern werden, und Visa müssten schneller erteilt werden. Sonst kämen die Menschen nicht hierher, da Deutschland „ohnehin nicht den allerbesten Ruf als Einwanderungsland hat“.