Mali: "Die Arbeit der Besonnenen wird schwieriger"

Mali: "Die Arbeit der Besonnenen wird schwieriger"
29.11.2022
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser

Aachen (epd). Die interreligiöse Arbeit in Mali steht nach Erkenntnissen des katholischen Hilfswerks Missio vor zunehmenden Problemen. „Wo Religion genutzt wird, um politische Vorteile zu erreichen, wird die Arbeit der Besonnenen immer schwieriger“, sagte Missio-Sprecher Johannes Seibel dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Mitte November war ein deutscher Pater in Mali verschwunden. Mutmaßlich ist der 65-Jährige, der aus Nordrhein-Westfalen stammt und seit mehr als 30 Jahren in Mali lebt, entführt worden. Der Pater arbeitet für das Institut für christlich-islamische Bildung (Institut de Formation Islamo-Chrétienne, Ific). Nach Seibels Auskunft gibt es über den Verbleib des Paters noch keine neuen Informationen.

Das 2007 gegründete Ific bildet Ordensleute, Priester oder Laien aus Mali und dem französischsprachigen Westafrika zu Multiplikatoren im interreligiösen Dialog aus. Es vermittele einerseits Wissen über den Islam und das Leben von Muslimen. Andererseits gehe es um eine Vergewisserung der christlichen Positionen in Bezug auf andere Religionen.

„Das Institut ist gefährdet, weil es den Islamisten ein Dorn im Auge ist“, sagte Seibel. Es sei ein „Beitrag, dass Christen und Muslime sich nicht auseinanderdividieren lassen“. Die dort ausgebildeten Multiplikatoren könnten erkennen, wo sich Konflikte anbahnten, und seien so ein Frühwarnsystem, ehe Streit gewaltsam eskaliere.

Traditionell sei das Verhältnis zwischen den Religionen in Mali friedlich und von Toleranz geprägt, erläuterte Seibel, Mali galt einst als Musterbeispiel für Frieden und Religionsfreiheit. Es habe Konversionen vom Christentum zum Islam und umgekehrt gegeben sowie gemischt-religiöse Familien, berichtete er. „Ein institutionalisierter interreligiöser Dialog war da gar nicht nötig, er war ja Alltag.“

Einer Länderstudie von Missio zufolge gewinnen aber unduldsamere Formen des Islam in Mali an Boden. Saudi-Arabien fördere schon seit den 70er Jahren den Wahhabismus finanziell. Nach dem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in Libyen infolge der westlichen Militärintervention im Jahr 2011 sickerten Dschihadisten aus dem Norden ein. Seither gibt es vermehrt religiös begründete Gewalt in der gesamten Sahel-Zone, auch in Mali.

Nicht nur die Menschen in Westafrika, sondern auch in Europa sollten sich nicht vom Terror instrumentalisieren lassen, mahnte Seibel. Die Bedrohung durch militanten Islamismus dürfe „nicht in einen populistischen Kurzschluss und eine Identitätsdebatte führen“, sagte er. Die Vorstellung eines Kampfs des Islams an sich gegen das Christentum an sich sei hier wie dort falsch.