Vermittlungsausschuss macht Weg frei für Bürgergeld-Reform

Vermittlungsausschuss macht Weg frei für Bürgergeld-Reform
Der Vermittlungsausschuss brauchte nicht lange, um dem Kompromiss zum Bürgergeld zuzustimmen. Damit ist der Weg für die Reform frei. Beide Seiten betonten, sie hätten ihre Ziele durchgesetzt. Das Wichtigste sei, dass die Reform nun wirklich komme.

Berlin (epd). Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat den Weg für das Bürgergeld frei gemacht. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzende des Ausschusses, Manuela Schwesig (SPD), sagte am Mittwochabend in Berlin, damit könne die Bürgergeld-Reform zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die Leistungen würden um 53 Euro im Monat angehoben. Das sei „eine gute Nachricht“ für sehr viele Menschen, sagte Schwesig.

Das Bürgergeld löst die Hartz-IV-Leistungen ab und ist eines der wichtigsten Reformvorhaben der Ampel-Koalition. Die Union hat durchgesetzt, dass weiterhin von Anfang an Sanktionen gegen Arbeitslose verhängt werden können, die ihre Mitwirkungspflichten verletzen. Das Vermittlungsverfahren war nötig geworden, weil die Union das Gesetz im Bundesrat aufgehalten hatte. Bundesländer mit einer Regierungsbeteiligung der Union haben in der Länderkammer die Mehrheit.

Der Vermittlungsausschuss billigte nach rund anderthalbstündigen Beratungen den Kompromiss, der in den vergangenen Tagen von den Koalitionsparteien SPD, FDP und Grünen sowie der Union und Vertretern der Bundesländer erarbeitet worden war. Bundestag und Bundesrat müssen dem geänderten Gesetz noch zustimmen.

Beide Seiten, die Ampel und die Union, stellten das Ergebnis als einen Erfolg dar. Für die Union betonte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), es sei gelungen, „die Balance zwischen Fördern und Fordern wieder herzustellen“, die dem Gesetz der Ampel gefehlt habe. Mit der Vertrauenszeit sei ein Kernbestand des Ampel-Gesetzes gestrichen worden, sagte Gröhe. In der ursprünglich im Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgesehenen Vertrauenszeit sollte den Arbeitslosen im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs möglichst nicht mit Sanktionen gedroht werden.

Demgegenüber betonten Vertreterinnen und Vertreter der Koalition, dass der Kern des Bürgergelds in einer neuen Kultur in den Jobcentern bestehe. Arbeitsminister Heil erklärte, das Bürgergeld werde dafür sorgen, dass Menschen dabei unterstützt würden, Berufsabschlüsse nachzuholen und sich weiterzuqualifizieren. Bessere Zuverdienstmöglichkeiten sorgten dafür, dass Arbeit und Ausbildung sich für Bürgergeldempfänger künftig lohnen, sagte Heil. Mit Blick auf die von der Union durchgesetzte Schärfung der Sanktionen erklärte er, dies betreffe nur eine sehr kleine Gruppe der Leistungsbezieher.

Kritik an dem Ergebnis des Vermittlungsverfahrens kam von der Linken und der AfD. Gesine Lötzsch (Linke) sagte, das Gesetz sei „auf Druck der Union und Hand in Hand mit der FDP“ nicht verbessert, sondern verschlechtert worden. Die Anhebung der Regelsätze reiche bei Weitem nicht. Allein die Lebensmittelpreise seien um 20 Prozent gestiegen. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner sprach von der „Farce eines Vermittlungsverfahrens“. Die AfD sei von den Vorgesprächen ausgeschlossen worden.

Die Jobcenter sollen künftig vorrangig für bessere Chancen der Arbeitslosen sorgen, indem Weiterbildungen oder das Nachholen von Berufsabschlüssen gefördert werden. Die anfängliche Karenzzeit, in der Ersparnisse bis zu 40.000 Euro geschont werden, beträgt ein Jahr. Zudem werden Zuverdienstmöglichkeiten verbessert. Auszubildende sowie Schülerinnen und Schüler aus Familien, die das Bürgergeld beziehen, können künftig deutlich mehr von ihrem selbstverdienten Geld behalten als bisher im Hartz IV-System.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, begrüßte die Einigung im Vermittlungsausschuss. Fortbildung und Qualifizierung hätten künftig Vorrang. Es gehe nicht länger um die Vermittlung in den nächstbesten Job, der viele Betroffene bei nächster Gelegenheit wieder zum Jobcenter zurückführe, erklärte Weil: „Dieser Kern des Gesetzesvorhabens ist unangetastet geblieben.“